Oftmals wird ja argumentiert dass bei der maskulinen Form die weibliche miteinbezogen ist, umgekehrt aber regt es auf. Also kann es nicht ganz unbedeutend sein.
Ich finde es einen spannend Denkansatz und die Reaktion zeigt dass darüber durchaus gesprochen werden muss.
Also bei Gesetzestexten muss ich sagen, versteht die doch jetzt schon kein Normalsterblicher beim Lesen. Wenn das Juristendeutsch jetzt auch noch aufgebläht wird und jeder Satz mit mehreren Genderformen überladen wird, versteht man ihn echt gar nicht mehr.
Ich fand es schon schwierig die Prüfungsordnung meines Studiums zu lesen, wenn im gleichen Satz Student oder Studentin, Erstprüfer oder Erstprüferin und Zweitprüfer bzw. Zweitprüferin mjt entsprechend vielen der und die vorkamen.
Hier geht’s ja nicht um mehrere Genderformen, sondern um das generische Femininum. Ist nicht komplizierter als das genereische Maskulinum
Viele Begriffe sind maskulin, weil Männer nun mal diejenigen waren (!), die gearbeitet und somit unseren Sprachgebrauch geprägt haben. Ein Text, der explizit in der weiblichen Form verfasst ist, schließt Männer definitiv aus. Wer sich als Frau z.B. bei “Kunden” nicht angesprochen fühlt, hat ganz andere Baustellen. Andersrum wird ein Schuh daraus: ich bin als Mann keine Bürgerin!
Herr, Frau, sie, er, Kater, Katze und dann Gruppen wie Lehrer oder Kunden- fertig. Wir haben andere Sorgen, als gegen die maskulinen Sammelbegriffe zu kämpfen.
Klimaschutz und Bildung (also echtes Wissen) sind wichtiger. Wenn diese Welt nicht gegen die Wand gefahren wird, dann kann meinetwegen jeder zweite Buchstabe gegen ein Y aysyeyaysyhy wyryey. Viel Erfolg.
Wir haben andere Sorgen
Kostet es dich echt so viel brain power Lehrer:innen zu schreiben?
Spricht was gegen die allgemein akzeptierte Form “Bürgerinnen und Bürger”? Lang und umständlich ist so ein Gesetzestext eh, da machen die paar Buchstaben auch nichts aus.
Der Genderstern (oder die Gendergap) schaffen visuell noch Platz für Menschen, die eben weder Mann noch Frau sind. Ansonsten wäre diese Variante gut weil sehr leicht verständlich.
Es gibt Sprachen mit über 20 Substantivklassen (also das, was wir im Deutschen - ungeschickterweise - als “Geschlecht” bezeichnen). Man könnte also eine Grammatik konstruieren die das Problem ganz elegant umschifft. Ohne Sternchen und so’n Zeuch.
Eigentlich war auch der Plan dass man z.B. alternative, nicht an Geschlechter gebundene Begriffe nimmt. Ärgerlicherweise blieb bei allen der Stern hängen. Oder der Unterstrich.
Das Problem an dem Plan ist, dass es für manche Wörter keine so geile geschlechterneutrale Form gibt. Studenten -> Studierende ist cool. Aber Schüler? Schulende? Lernende? Zu beschulende? Klingt alles blöd. Gleiches bei Arzt zb
Auch bei Studierenden wird es verkrampft wenn es um jede(n) einzelne(n) Studierende(n) geht.
Bürgende
Das eigentliche Problem bei der Diskussion ist, dass die meisten Menschen die Grundform als maskuline Form interpretieren. Die Ursache dafür ist wiederum, dass es keine echte maskuline Form gibt und die Wortgrundform daher als schlechte Notlösung herangezogen wird. Insofern: Ich bin kein Fan davon jetzt überall nicht-Grundformen zu verwenden (ob feminine Formen oder Partizipialkonstruktionen) und würde mir dafür lieber die Schaffung einer explizit männlichen Form im Deutschen wünschen. Dann würde man auch wunderbar sehen, dass die meisten Verwendungen gegenderder Formen eigentlich nur dazu dienen um eine als fehlend wahrgenommene Geschlechtsneutralität herzustellen und sie sonst meist unnötig sind.
Der Postillon hat da mal einen ganz unironisch guten Vorschlag gemacht.
Ein Problem, das ich beim Vorschlag des Postillion sehe, ist dass es bereits viele Endungen mit -er gibt, sodass für nicht Muttersprachler (oder sogar einfach schprachlich weniger aufmerksame Muttersprachler) schwer zu erkennen ist, ob jetzt die neutrale Grundform oder die explizite Männlichkeitsform vorliegt.
Natürlich gibt es das bei anderen Situationen auch und Vokabeln sollten mit Deklinationen gelernt werden, aber die Praxis sieht anders aus.
Als Alternative schlage ich -us vor, das auch dank bekannter lateinischer Wörter oder zumindest Namen als männliche Endung bekannt ist, aber im Deutschen sehr selten. Für den Plural würde ich dann aber im Nominativ -usse nehmen, wie bei Busse.
Ganz ehrlich; beste Idee. Meistens bezieht man sich eh auf beide Geschlechter, damit bleiben ein Großteil der Texte gleich; bei allen anderen wird durch eine explizite männliche Form zusätzlich Kontext gegeben, welcher bei der jetzigen generischen und dennoch männlichen Form nicht gegeben ist.
Grundsätzlich find ich die Sache lustig und seh das mit dem Generik nicht so eng. Maskulinum, Femininum, solange sich nicht die Mehrzahl als Singular durchsetzt und mich bloß ständig verwirrt, ist mir das alles egal und wird eher mit Popcorn verfolgt. Die Lösung vom Postillon klingt super und wär wohl die einfachste Lösung für alle. Zack, fertig.
Ich hab kein Problem damit. Im Gegenteil, ich finds lustig wie die, die am lautesten palavern wie die männliche Form andere Geschlechter auch miteinbezieht und “die” sich nicht so anstellen sollen nun die gleichen sind, die mit Schaum vorm Mund klagen wie das anders rum aber GAR nicht geht.
Ein gegenderter Begriff ist offensichtlich DOCH nicht so inklusive wie ich mir das all die Jahre hab sagen lassen…
So wie ich das sehe bin ich 40 Jahre lang hauptsächlich mit “generischem” Maskilinum angesprochen worden. Von mir aus können wir gerne 40 Jahre lang ein “generisches” Femininum verwenden. Bis dann sind wahrscheinlich die auch meisten Fossile ausm politischen Diskurs “herausgealtert”.
Die Motivation hinter den ganzen Genderansaetzen ist zwar gut, aber alle Ansaetze sind so extrem deutsch: Verkompliziert und fuer jeden umstaendlicher.
Ich fand die Idee von Alicia Joe am besten:
- Keine Movierungen mehr (also kein Witwer mehr, sondern alle sind Witwe zB)
- Die Grundform ist ueberall explizit genderneutral gemeint (der Baecker ist IMMER neutral, nicht nur manchmal)
- Wenn das Gender wichtig ist, wird explizit maennlich/weiblich/non-binaer/etc. davor gesetzt (der maennliche/weibliche Baecker)
Das ist einfacher fuer alle, macht die Sprache mMn sogar einfacher fuer Fremdsprachler und benoetigt keine weirden Wortneuschoepfungen. Vorallem ist es fuer Gegner schwerer sich dagegen zu bekennen, weil den bisherigen Standard als Grundform weiter benutzt. Ein Hater muss also mehr Aufwand/Worte reinstecken als ein Supporter, statt andersrum.
Diese Form zu Gendern würde einfach heißen in eine Zeit zurückzukehren, bevor wir damit angefangen haben.
Wodurch die ganzen Probleme wieder auftreten, wegen derer wir damit angefangen haben.
Wie Grundformen “gemeint” sind ist da wirklich zweitrangig. Es ist oft genug nachgewiesen worden: In einer Gesellschaft wo es sprachlich nur Krankenschwester und Arzt gibt, da werden auch mehr Frauen Krankenschwester und mehr Männer Arzt.
Sprache formt Konzepte, Konzepte formen Verhalten. Nicht zu gendern heißt eine Gesellschaft zu fördern, in der konzeptuell eine Geschlechter- und Rollentrennung verankert wird.
Ich fänd die Etablierung von “Krankenbruder” eigentlich ganz okay.
“Bruder, das Skalpell bitte.” “Keine Ahnung, frag mal den Bruder da hinten”
usw
Klar, warum nicht? Und für den “Arzt” können wir ja auch ne äquivalent weibliche Form erfinden. Wie wärs mit “Ärztin”? Bleibt nur die Frage, wie wir das mit dem Plural machen. Ärzte leitet sich ja nur vom maskulinen Singular ab, Ärztinnen nur vom weiblichen… wie wärs mit ner Kombi? “ÄrztInnen”, oder sogar mit irgendeinem Sonderzeichen…?
Uuuund wir haben das Gendern erfunden.
Wer 2023 immernoch Krankenschwester sagt lebt wirklich in der Vergangenheit.
Und warum hat man damit aufgehört?
Wer das versteht, ist auch in der Lage, zu sehen, wie wichtig Gendern an anderer Stelle ist.
würde einfach heißen in eine Zeit zurückzukehren, bevor wir damit angefangen haben.
Nicht ganz, das generische Maskulinum auch im Singular konsequent anzuwenden hatten wir noch nie.
Doch, natürlich. Wenn das Geschlecht unbestimmt ist und man nicht gendert, dann wird klassischerweise die (generisch maskuline) Grundform verwendet.
“Frag doch mal deinen Hausarzt.”
“Ich glaub da geh ich besser zum Rechtsanwalt.”
“Der Chef von dem Laden ist bestimmt reich geworden damit.”
“Dort wird bald wieder der Präsident gewählt.”
Wenn das Geschlecht unbestimmt ist
Ja, aber wenn man es kennt, nicht.
Merkel war ja bekanntlich Kanzlerin. Im Gegensatz dazu geht man gerade im englischsprachigen Raum den gegenteiligen Pfad.
Dort war Thatcher Prime Minister, selbst bei den Oskars wo man getrennte Kategorien für Männer und Frauen hat, heißt es female actor, usw.Und genau an der Stelle hat es die Form eines im Singular verwendeten generischen Maskulinuns. Es gibt in der Grammatik das spezifische Genus, also die sprachliche Präzisierung (“Kanzlerin”) und die allgemeine, generische Form, die dann greift, wenn das Geschlecht unbestimmt ist. Und zwar eben auch im Singular.
Was du meinst ist wohl eher, dass ein feminines Genus überhaupt existiert.
Das Problem an einer generisch maskulinen Sprache ist aber gar nicht, dass die Präzisierung weiblicher Begriffe nicht möglich sei. Im Gegenteil: Gäbe es nur ein grammatikalisches Geschlecht, würden wir das nicht als männlich wahrnehmen - sondern eben als Standard. Weil es verschiedene Geschlechtsendungen gibt, wird “Kanzler” als maskulin erkannt, aber trotzdem oft generisch verwendet. Genau das ist das Prinzip des generischen Maskulinums.
Das Problem an einer generisch maskulinen Sprache ist aber gar nicht, dass die Präzisierung weiblicher Begriffe nicht möglich sei. Im Gegenteil: Gäbe es nur ein grammatikalisches Geschlecht, würden wir das nicht als männlich wahrnehmen - sondern eben als Standard
Genau das ist ja das Argument.
Dort wo das Geschlecht einer Person bekannt ist, wird heute das entsprechende Genus verwendet: “KanzlerIN”.
Würde man IMMER das generische Maskulinum anwenden, also auf ein feminines Genus komplett verzichten, würde man den Begriff Kanzler nicht mehr als explizit männlich wahrnehmen.Solange es noch als Maskulinum erkennbar wäre, hätte man trotzdem einen Geschlechtsbias. Ich glaube ich verstehe schon, was du meinst, aber rein begrifflich: Was du tatsächlich möchtest wäre eben kein generisches Maskulinum, sondern quasi ein (nicht nur generisches, sondern generelles) Neutrum.
Ich weiß nicht ob du die anderen Kommentare gesehen hast; weiter oben habe ich ein wissenschaftliches Paper zu der Fragestellung verlinkt. Hier wird gezeigt, dass bewusstes Gendern für die konzeptuelle Gleichberechtigung viel effektiver ist als eine genderlose Sprache. Aus der Diskussion:
As Stahlberg and colleagues (2007) have noted, despite the assumption that genderless languages are gender fair or neutral, research has shown that a seemingly gender neutral term (e.g., “they”) can be interpreted in a gender biased way. For example, in their review, Stahlberg and colleagues recount research investigating possible corrections for the masculine generic in Spanish, English, German, and Turkish that have all demonstrated that gender neutral terms can continue to connote a male bias in the mind of the audience, and in cases where a gender symmetrical version is 278 Sex Roles (2012) 66:268–281 investigated (e.g., “he or she”), the gender symmetrical version promotes greater inclusion of women (see, for example, Braun 2001; Hyde 1984; Nissen 2002; Scheele and Gauler 1993). Therefore, genderless languages—such as Finnish—can include seemingly gender neutral terms that in fact connote a male bias (just as natural and gendered languages), but because they do not possess grammatical gender, it is not possible to use female pronouns or nouns to “emphasize women’s presence in the world,” which could mean “androcentricity in a genderless language may even increase the lexical, semantic and conceptual invisibility of women” (Engelberg 2002, p.128).
(S. 12-13 im verlinkten Dokument, S. 278-279 nach Originalnummerierung.)
Das ist irgendwie der Punkt, der wahnsinnig oft ignoriert wird. Ihr könnt ja mal Umfragen bei euren Freunden machen, wo ihr das generische Maskulinum verwendet und mitzählen, wie viele Frauen als Antwort genannt werden. “Wer ist dein Lieblingsschauspieler?” zB.
Das funktioniert zur Zeit im Deutschen halt nicht wirklich - gerade bei Berufen die extrem über ihr Geschlecht differenziert werden wie Fußballern oder Schauspieler. Andersrum: Wenn du deinen Freunden die Frage “Nenne mir drei Kanzler” stellst, kommt 100% bei allen auch Merkel mit raus.
Das war nur ein Beispiel. Das lässt sich auch auf Arzt, Pilot, Wissenschaftler, Programmierer und Vorstandsvorsitzender ausdehnen. Du hast sofort das Bild eines Mannes im Kopf, nie das einer Frau. Das ist ein Problem. Auch bei Kanzler wird es einige geben, die davon ausgehen, dass du nur männliche hören wolltest.
Aber sind das nicht auch alles (außer Arzt) Berufe, bei denen die Mehrheit männlich ist? Ich denke bei solchen Fragen halt immer an die Personen die ich kenne - wenn z.B. 90% meiner Programmiererkollegen männlich sind denke ich da halt nicht an die paar Frauen, die wir haben.
Dass vereinzelt auch bei Kanzler nur von Männern ausgegangen ist kann ich mir vorstellen, aber ich persönlich habe das schon öfters probiert und noch Niemanden gefunden.
Das ist ja genau das Henne-Ei-Problem: Die Bezeichnung ist männlich, die meisten, die in diesen Feldern arbeiten, sind männlich. Das macht es umso schwerer für Frauen eine Karriere in diesen Bereichen zu ergreifen. Das sind ja zumeist hohe Positionen, wo es schon eine gehörige Position Selbstbewusstsein braucht, sich in diesen zu sehen. Als Frau ist die Schwelle nochmal ungleich höher, weil es so wenige Frauen vor dir geschafft haben. Es ist auch so ein Überbleibsel unseres Patriarchats, dass alle Berufe, die prestigeträchtig sind, hauptsächlich von Männern ausgeübt werden. Koch in Sternerestaurants sind Männer, obwohl Kochen Zuhause Frauensache ist, Programmieren war Frauenarbeit bis es auf einmal gesellschaftlich als wichtig angesehen wurde.
An sich sehe ich das genauso, aber ich bin mir nicht sicher ob wirklich die Sprache hier die Realität formt oder umgekehrt. In vielen Diskussionen kommt es so rüber als ob Gendern das Allheilmittel ist, welches dann alle Gleichberechtigungsprobleme beseitigt. Solche großen Änderungen in der Sprache (Gendern mit *_: oder wie auch immer) durchzudrücken erfordert eine Menge gesellschaftliches Kapital (siehe auch neue Rechtschreibung) und ich bin mir nicht sicher ob dieses an anderer Stelle sinnvoller verwendet werden könnte. Oder wenigstens etwas mit weniger Kosten (Ersatz der männlichen und weiblichen Form durch ein Generischen Term) gepusht werden könnte.
Citation please.
Warum sind laut OECD dann Schweden und UK vor uns bei der Anzahl von weiblichen Ärzten obwohl nur eine generische Form verwendet wird? Und wieso gibt es diese Diskussion in solchen Ländern nicht wenn es so klar erwiesen ist? Es kommt ständig das Argument, dass es laut Studien klar ist, aber ich habe noch nie eine gesehen, die wirklich andere Länder untersucht.
Weil im Englischen der Artikel “The” sowohl männlich, als auch weiblich, als auch sächlich ist, ist das kaum vergleichbar. Du kannst damit sowohl “Der Doktor” als auch “Die Doktor” sagen.
https://gfds.de/gendering-im-schwedischen/
Gendering ist ein besonders schwieriges Thema in einer Sprache wie dem Deutschen, wo ein Unterschied zwischen maskulinen und femininen Substantiven gemacht wird. Im Schwedischen ist dieses Problem insofern gelöst, als dass die zwei Genera Maskulinum und Femininum in ein gemeinsames Genus Utrum zusammengefallen sind. Dies führt dazu, dass frühere maskuline Wörter wie läkare ›Arzt‹ und lärare ›Lehrer‹ nicht mehr als maskulin kategorisiert werden, sodass sie problemlos für sowohl Männer als auch Frauen genutzt werden können. Zwar gibt es noch feminine Endungen bei manchen Wörtern, wie z. B. lärarinna, aber sie werden immer seltener genutzt (Jobin 2004). Bei vielen Wörtern, wie z. B. läkare, gibt es keine weibliche Form (*läkarinna).
http://www.schwedisch-lernen.nu/grammatik/artikel-schwedisch.html
Der unbestimmte Artikel hängt ausschließlich davon ab, ob es sich bei einem Substantiv um ein Utrum oder ein Neutrum handelt, denn während alle Neutra ein ett vorgestellt bekommen, zum Beispiel ett hus (ein Haus), ett barn (ein Kind), ett träd (ein Baum) oder ett bord (ein Tisch), ist der unbestimmte Artikel der Utra immer en, also en bil (ein Auto), en hund (ein Hund), en lampa (eine Lampe) oder en bok (ein Buch, eine Buche). Um daher den richtigen unbestimmten Artikel anwenden zu können, muss man wissen ob ein Substantiv zu den Neutra oder zu den Utra gehört, was man letztendlich nur durch die permanente Anwendung der Sprache erlernen kann, da es kein eindeutiges Unterscheidungsmerkmal zwischen den beiden Gruppen gibt und es unmöglich ist bei jedem gelernten Wort auch das Geschlecht hinzuzulernen, eine Empfehlung, die man wirklich nur Anfängern geben kann, da man bedenken sollte, dass bereits ein sechsjähriges Kind in Schweden im Schnitt 6000 Worte korrekt benutzen kann und der Grundwortschatz 10.000 Worte überschreitet.
Im Schwedischen wurde das dadurch gelöst, dass man einen explizit neutralen Artikel für dass Utrum eingeführt hat. Es gibt also einen 4. Artikel
Also bestätigen deine Beispiele, dass die sprachliche Anpassung mit der gesellschaftlichen Entwicklung zusammengehört.
Naja, man hat nicht wirklich vier Artikel, sondern nur noch zwei. Und zufälligerweise hat man die “männliche” Form verwendet, also quasi genau so wie es oben vorgeschlagen wurde.
Ich bin auch gar nicht der Meinung, dass eine sprachliche Anpassung zwingend schlecht wäre, sondern nur, dass wir durch Nennung beider Geschlechter oder * etc in die falsche Richtung entwickeln, weil wir noch viel mehr Fokus auf das Geschlecht legen und würde den Weg Schwedens deutlich bevorzugen.
Ich kann auf jeden Fall die Hypothese von oben bestätigen, dass das definitiv ein Teil ist, der beim Schwedisch lernen sehr angenehm ist (im Gegensatz zu Pluralbildungen, hans/sin etc)
Hier ein schöner Übersichtsatikel der Bundeszentrale für politische Bildung mit vielen, direkt nachprüfbaren wissenschaftlichen Quellen (einfach auf die Zitationsnummern klicken).
Und zu deiner Frage nach Schweden und der UK hier noch ein interessantes Paper, das Geschlechtergerechtigkeit auf der ganzen Welt mit gegenderter Sprache in einen Zusammenhang setzt. Aus dem Abstract:
Of the 111 countries investigated, our findings suggest that countries where gendered languages are spoken evidence less gender equality compared to countries with other grammatical gender systems. Furthermore, countries where natural gender languages are spoken demonstrate greater gender equality, which may be due to the ease of creating gender symmetric revisions to instances of sexist language.
Danke für die Links!
Zu dem Paper: Würde das aber nicht dafür sprechen das Femininum abzuschaffen? (Also das was @r1veRRR@feddit.de vorgeschlagen hatte?) Ich persönlich finde das untergehen von Wörtern wie “actress” (en) oder “lärarinna” (swe) sehr angenehm.
Von dem Problem abgesehen, dass es noch schwieriger sein dürfte, Begriffe abzuschaffen, die es schon gibt, als neue zu erfinden - mindestens eine Generation an Frauen müsste sich damit abfinden, sprachlich ausgeschlossen zu werden - wird ziemlich genau diese Idee in dem Paper diskutiert. Hier der relevante Absatz (plus etwas Kontext, um zu verstehen, wie argumentiert wird) (TL;DR am Ende):
Moreover, Stahlberg and colleagues (2007) have noted that languages that create significant gender distinctions (i.e., grammatical gender languages) are often thought to lead to greater sexism, while languages that do not distinguish grammatical gender (i.e., genderless languages) may on the surface appear less sexist. However, as they note:
All language types… could in principle be used in a symmetrical and gender-fair way: In grammatical gender languages the feminine could be used consistently in referring to female persons and the masculine in reference to males. In natural gender languages symmetry could be achieved, above all, by the consistent use of sex-marking pronouns. And in genderless languages sex can be disregarded symmetrically (Stahlberg et al. 2007; p. 167).
However, as we have seen from the above examples, this is rarely the case, and all grammatical groups display gender asymmetry, as it is expressed in language through lexical structures, generic terms, social use of language, and gender related word structures. Despite the fact that gender neutral conventions can be developed for languages within all three grammatical groups, this does not imply it is equally easy to address gendered grammar conventions across these groups. In fact, Stahlberg and colleagues (2007) note that grammatical gender languages (like German) involve much more effort to create a gender neutral configuration—compared to natural gender languages like English—because such reconfigurations require changing a large number of personal nouns in addition to pronouns. Furthermore, although it might appear that genderless languages already exhibit a gender fair grammatical style, there is evidence that gender neutral nouns and pronouns can be interpreted with an implicit male bias (Stahlberg et al. 2007). Take, for example, research showing that different solutions to the use of masculine generics are not equally effective in natural gender languages like English. Several studies have shown that replacing masculine generics with gender-symmetrical terms, like he/she, led to greater visualization of female actors compared to gender neutral terms, like the singular they (Hyde 1984; Switzer 1990).
Kurz gesagt: Bewusstes Gendern führt zu mehr konzeptueller Gleichberechtigung als Generika und genderlose Sprache. Weiterer Kontext nachzulesen auf Seite 5 des verlinkten Dokuments, bzw. S. 271 in der Seitennummerierung des Papers.
Es wäre schon praktisch eine Kurzform für die Geschlechter zu haben.
Neutral als kürzeste form und ein -in oder -er fürs Geschlecht.
Ein Bäcker Die Bäckerin Der Bäckerer
“Die Verständlichkeit eines Rechtstextes ist ein großes Anliegen, Gendersternchen und Doppelpunkte könnten da schon irritieren”, sagt Bußjäger.
Der Zug ist schon lange abgefahren. Zumindest in Deutschland sind Gesetze i.d.R. so bekloppt umständlich und kompliziert formuliert, gerade so, als sei es den zuständigen Schreibern darum gegangen, dass es gerade keiner verstehen soll. Was da Gendersternchen noch für Schaden anrichten sollen, der nicht schon lange existiert, entzieht sich meinem Verständnis.
Eigentlich nicht. Also mir ist noch kein Gesetz untergekommen, dass einen im normalen Leben betrifft und für einen Laien nicht verständlich ist, wenn man sich darüber informiert.
Das die Interpretation manchnmal nicht leichtfällt liegt doch daran, dass nicht alles im Gesetz geschrieben sein kann, sondern durch Auslegung in der ständigen Rechtsprechung entsteht. Würde man die Auslegungen mit ins Gesetz schreiben, wäre das BGB mindestens 10x so lang.
Man sollte in der Schule lernen, wie man Gesetze grundsätzlich lesen muss. Deutsche Gesetze sind sehr präzise formuliert und jedes Wort, dass nicht nur der Grammatik dient ist relevant. Wenn man das einmal raushat, dann ist es nicht komplizierter als Addition und Substraktion von dreistelligen Zahlen.
Natürlich kann das Verständnis der gesamten Rechtsordnung nicht unkompliziert sein, weil nunmal extrem viele Sachverhalte geregelt sind. Aber wir fordern ja auch nicht, dass jeder Depp ein Schlaufon programmieren können muss, damit die Geräte verkauft werden dürfen.
Du überschätzt die Lesekompetenz der Menschen weit.
Etwa 12% der deutschen Erwachsenen erreicht nur Level 3 oder weniger:
Kompetenzen auf dem Alpha-Level 3 entspre- chen der Satzebene. Auf diesem Alpha-Level sind Personen in der Lage, einzelne Sätze zu lesen und zu schreiben, sie scheitern aber an der Ebene zusammenhängender – auch kürzerer – Texte.
20% können nicht auf Grundschulniveau schreiben.
Ich wäre überrascht, wenn auch nur die Hälfte der Bevölkerung Gesetzestexte tatsächlich sinnerfassend lesen kann. Allein die Terminologie ist ja schon völlig fremd.
Quelle: LEO-Studie 2018 [PDF]
Behörden sollten sich an das amtliche Regelwerk des Rates für deutsche Rechtschreibung halten. (siehe Geltungsbereich) Und da gibt’s keine Sonderzeichen mitten im Wort.
Was Privatpersonen oder Unternehmen tun, ist deren Sache.
Mir wäre neu, dass sich die Republik Österreich auf deutsche Gesetze stützt.EDIT: Siehe @UESPA_Sputnik@lemmy.world KommentarFür das Argument von @UpperBroccoli@feddit.de ist es auch nachrangig.
Mir wäre neu, dass sich die Republik Österreich auf deutsche Gesetze stützt.
Der Rechtschreibrat ist eine zwischenstaatliche Institution, die unter anderem auch von Österreich beauftragt wurde. (Quelle)
Das stimmt, da lag ich falsch.
Hier finde ich wichtig, was die Aufgaben des Rates sind: https://www.bmbwf.gv.at/Themen/schule/schulpraxis/ba/rechtschreibung.html
Zu den langfristigen Aufgaben des Rates zählen unter anderem die Beobachtung der Entwicklung der Sprachpraxis und des Schreibgebrauchs sowie sie Weiterentwicklung des ortografischen Regelwerks im notwendigen Umfang.
Die staatlichen Organe haben durch ihre Praxis normativen Charakter. Wenn nun die Regelungen von 2006 des Rechtschreibrates absolutistisch umgesetzt werden, dann kann der Rat garnicht mehr seine Aufgabe, nämlich “Beobachten und Regelungen an die Realität anpassen” wahrnehmen. Denn durch die normative Macht wird dann umgekehrt “Eingreifen und jede Änderung verhindern” draus.
Das ist für die Sprache jedoch hochgefährlich, denn Sprachen, die sich nicht verändern, sind tote Sprachen, und es kann nicht im Sinne des Rates oder der Regierungen sein, die deutsche Sprache zu töten.
Es ist für mich auch fraglich, ob 17 Jahre, bzw. 25 Jahre nicht auch so langsam das Ende des aktuellen Regelungszyklus sind, und es Zeit für eine Anpassung wird. Immerhin hat sich in den letzten 25 Jahren in der Kommunikation mehr getan, als in den 100 Jahren davor.
Was ist eigentlich mit dem Neutrum? Kind: Kind_Er_In? Oder gar Mädchen… ok: Die Kindin. Oder ist Gendern nur für Erwachsene?
Der Denkansatz? Die Reaktion? Solle man*frau mal auch drüber sprechen.
Hast du eine echte Idee, wie und warum du da etwas ändern möchtest, um eine Diskussionsgrundlage zu schaffen oder weißt du selber, dass das ein Strohmann ist?
Das ist durchaus keine Strohfrau. Entweder ganz oder garnicht.
“Entweder ganz oder gar nicht” ist eine Form der Strohperson :P Es wird gerne verwendet um eine echte Diskussion zu untergraben, wenn klar ist dass man es einfach nicht auf einen Schlag “ganz” machen kann. Somit ist es ein Argument, dass der Gegenseite angehängt wird und dann einfach damit entkräftet werden kann, dass es einfach unrealistisch ist. In Wirklichkeit spricht jedoch nichts dagegen es Schritt für Schritt zu machen.
Oder wolltest du jetzt ernsthaft für eine sofortige Entfernung jeglicher Geschlechter aus der deutschen Sprache argumentieren? In dem Fall würde mich interessieren wie du das anstellen willst und was du dir davon versprichst.
Ich würde gerne eine Grundlegende Lösung sehen, statt einem verkrampften Rumgefrickel. Daher mein Hinweis auf andere Sprachen mit deutlich mehr Klassen (Geschlechtern) in einem anderen Post. Vielleicht würde ja auch einfach der Austausch des Begriffs “Geschlecht” für das grammatische Konstrukt helfen, weil es eben in der Regel nichts mit dem biologischen Geschlecht zu tun hat? Aber ich fürchte dafür ist es zu spät
Das Gendern trifft ja zeitlich (vielleicht zufällig) mit der Diskussion um Geschlechtsdefinitionen (wie “divers”, oder “nicht binär”) zusammen. In der deutschen Grammatik haben wir aber nur noch eine weitere Form, das Neutrum, um eine Substantiv-Form für nicht binäre Menschen zu bilden. Reicht also bei weitem nicht aus.
Man muss an die Wurzel.
Hat das generische Femininum die gleiche anerkannte Bedeutung wie das generische Maskulinum oder sind in der Wahrnehmung die Männer eher nicht mit gemeint?
Bei der “…kraft” oder “…person” (mit dem aus letzterem abgeleiteten “Personal”) denkt man wohl normalerweise an beide Geschechter.
Kannst du uns einen Link ihne Datenklaumauer geben?
https://12ft.io/proxy?&q=https%3A%2F%2Fwww.derstandard.at%2Fstory%2F3000000180725%2Fzadic-legte-in-rein-weiblicher-form-verfasstes-gesetz-vor Bin zwar nicht Op ich wollte den Artikel aber auch lesen
Nette Idee, aber das klingt richtig kringelig.
Der/die Nutzer:in antwortete auf das Kommentar des/der ander(en) Nutzer:in
ist meiner Meinung nach auch nicht viel besser. Dann lieber ohne Sonderzeichen und ein wenig kringeleig.
Das Nutzy antwortet auf das Kommentar des anderen Nutzys
ist doch schon etwas besser. Wobei ich Grade nicht weiß, ob das 100% passt, übe noch.
Die Aktion tut genau das was sie soll:
Aufzeigen dass wir generisches maskulin als inklusiv akzeptieren aber generisches feminin nicht. Das ganze formell mit den gleichen Hinweisen wie üblich.
Alle Argumente von Lesbarkeit und Sternchen hinfällig, gibt’s hier keine. Es wurden halt ausschließlich weibliche Formen verwendet.
Es gibt nichts zum Aufzeigen. So war es schon seit Jahrhunderten.
“Des woa scho immer so!” dürfte für die meisten Österreicher:innen wohl leider tatsächlich ein Argument sein.