Viele Bürger – selbst Spitzenverdiener – verorten sich in der Mittelschicht, obwohl sie weitaus besser verdienen. Dahinter steckt viel mehr als die Angst vor Neid.
Mal wieder Schichten am Einkommen festgemacht, statt am Besitz. Nice.
Wenn du den Besitz von Kapital meinst, reden wir vom marxischen Klassenmodell.
Naja, das Anprangern der Einteilung nach Einkommen direkt als Marxistisch abzutun ist gefährlich.
Das ist kein Abtuen sondern das wofür das Klassenmodell da ist. Es ist zur Analyse der Besitzverhältnisse von Produktionsmitteln.
Zumal im Verhältnis zu anderen. In einem Land mit 99% Hungerleidern ist jeder Mittelschicht 🤡
So ist nun mal die Definition von Mittelschicht. Wie willst du die Mitte ohne ein Verhältnis auch sonst definieren?
Ja eben, das ist eine mathematische Definition, die nichts mehr damit zu tun hat, was sich viele Leute darunter vorstellen. Aufgrund unseres Lohnniveaus und des „starken“ Mindeslohnsektors bist du heute „Mittelschicht“ und kommst trotzdem je nachdem wo du lebst mit Kindern so gerade über die Runden und brauchst für viele essentielle Anschaffungen einen Konsumkredit.
Also schaffen wir den Begriff ab?
Hm ne, an den Lebensstandard koppeln. Wer sich zum jeweiligen Zeitpunkt Haus, Auto und Urlaub bezahlen kann ist Mittelschicht, weil sie sich einen mittleren Lebensstandard (also begehrenswerte Güter über das Notwendige hinaus) leisten können.
Das ist ja die Gedankenschublade, die hierzulande öffnet.
Und das machen wir per Umfrage?
Nein, gucken was ein durchschnittliches Haus, Auto, Urlaub zu einem bestimmten Zeitpunkt kosten und dann gucken wer das mit seinem Netto stemmen kann. In etwa wie der „Warenkorb“.
Die wohl beste Definition von Mittelschicht beruht daher auf dem Einkommen. Eine Ergänzung um Vermögen ist schwierig, da fast 40 Prozent der Haushalte in Deutschland praktisch kein Vermögen haben und somit die Mehrheit der Unterschicht und nicht der Mittelschicht zugeordnet werden müsste.
An dieser Stelle würde ich fast lachen, wenn es nicht so traurig wäre…
Man kann also diese sinnvolle Definition verwenden weil dann rauskommt dass ein großer Teil der Bevölkerung verdammt arm ist? Hier werden mal wieder die Augen vor der Realität verschlossen.
Ober-, Unter-, Mittelschicht sind doch nur wörter, mehr nicht. Und wenn man eine skala wählt in der 90% in einer kategorie sind, dann wäre es halt ne scheiß skala, oder nich? :D
skala wählt in der 90% in einer kategorie sind, dann wäre es halt ne scheiß skala
Die Skala soll möglichst gut die Realität abbilden und wenn 90% der Bevölkerung furchtbar arm wäre, würde eine gute Skala dies erkannbar wiedergeben.
Oder mal umgekehrt gefragt: Wieso ist eine Skala nur dann gut oder sinnvoll sein wenn alle Werte möglichst gleichverteilt vorkommen? Ich halte es ehr für sinnlos eine Skala danach festzulegen, weil man ja damit das Ergebnis festlegt.
Es gibt keine Unter-, Mittel- und Oberschicht. Es gibt nur zwei Schichten.
Diejenigen, die Arbeiten zum Leben, und diejenigen, die Besitzen zum Leben.
Ja gut aber das ist dann unter und Oberschicht und in der Mitte sind die die besitzen um zu wohnen und arbeiten um zu essen.
Jain. Kann man zwar grundsätzlich schon so sehen.
Trotzdem hat ein Senior Developer in einem Dax-Unternehmen einen anderen Lebensstandard als ein Mindestlohnempfänger.
Der Rechner der Zeit, der die eigene Lebenssituation in eine Schicht umrechnet, ist natürlich verlinkt, aber nur für Abonnenten zugänglich. Schade :/
Ah! Die Unterschicht soll also nicht in Erfahrung bringen können Unterschicht zu sein.
Ein bisschen fühlt sich das schon so an. Und es liegt wohl nicht daran, dass das so eine krasse interaktive Geschichte ist: Das Energiekosten-Dashboard ist ein ganzes Stück aufwändiger, kann aber auch von Nichtabonnenten besucht werden. (Klar, die mathematischen Ideen hinter dem Rechner sind nicht gerade file:/home/me/memes/juliaroberts.jpg, aber trotzdem.)
Viele Bürger – selbst Spitzenverdiener – verorten sich in der Mittelschicht
Weil sie es sind. Schon oft durchgekaut. Die Oberschicht lebt nicht von Erwerbseinkommen. Ob das jemals in Journalistenkreise durchsickern wird?
Puh. Ich meine nur etwa ein Prozent der Deutschen lebt vom eigenen Vermögen ohne Arbeit. Wenn du nur das als Oberschicht zählst, okay.
Aber die Definition aus dem Artikel ergibt doch auch Sinn.
Ich meine nur etwa ein Prozent der Deutschen lebt vom eigenen Vermögen ohne Arbeit.
Da fehlen mit Sicherheit die Leute, die nicht arbeiten müssten, es aber trotzdem tun. Außerdem passt es doch trotzdem: Wir müssen uns davon lösen, dass “die Mitte der Gesellschaft” auch automatisch ihre größte Gruppe ist. Eine starker Mittelschichtsbauch ist historisch doch eher eine Ausnahme. Wohlstand wird pyramidenförmig verteilt.
Es mag historisch gesehen eine Ausnahme sein, aber erstrebenswert ist es allemal. Von daher macht es schon Sinn es zu messen, und als negativ zu beurteilen, wenn diese “Mitte der Gesellschaft” nicht mehr die größte Gruppe darstellt.
Wenn wir uns von dieser Vorstellung lösen geben wir uns geschlagen und akzeptieren, dass es nur “die Reichen” und “die Armen” gibt.
erstrebenswert ist es allemal
Wer soll denn deiner Meinung nach arm sein?
Schöner Strohmann. Wenn du an keiner Diskussion interessiert bist musst du auch nicht antworten.
Ist kein Strohmann und ich führe den Punkt gerne weiter aus: Du kannst eine Gesellschaft aus zwei Richtungen denken und zwar entweder, dass alle gleich sind und es einen Mechanismus gibt, über den Priviliegen verteilt werden oder du denkst sie von der Mitte aus und verteilst Privilegien und Benachteiligungen. Dann musst du aber auch benennen können, wenn du benachteiligen willst. Über einen Verteilungsmechanismus wirst du es jedenfalls kaum schaffen, eine starke Mittelschicht nachhaltig zu etablieren.
Wenn alle gleich sind und es einen Mechanismus zur Verteilung von Privilegien gibt, dann hast du auch nur wieder Arm und Reich (an Privilegien) an den Rändern der Mitte.
Niemand soll meiner Meinung nach Arm sein. Nur wird es Abseits von Utopien immer Menschen mit mehr und weniger (als andere haben) geben. Das Ziel muss sein, die Außreißer in beide Richtungen so klein wie möglich zu halten und dafür zu sorgen, dass die “Armen” ein lebenswertes Leben haben - sie also als arm gelten (rechnerisch nicht zur Mitte der Gesellschaft zählen), es aber nicht sind.
Je mehr Menschen in der Mitte der Gesellschaft angesiedelt sind, desto kleiner die Scher zwischen Arm und Reich, desto größer der soziale Friede. Du hast anfangs davon geschrieben, dass wir uns davon lösen müssen es negativ darzutellen, wenn die Mitte der Gesellschaft schrumpft. Dem Widerspreche ich, denn je kleiner die Mitte der Gesellschaft desto größer wird die Ungleichkeit - das Gegenteil deines Anliegens.
Die Oberschicht lebt nicht von Erwerbseinkommen.
Die Unterschicht ironischer wie trauriger Weise auch nicht.
Selbst die “Erfolgreichen” in der Mittelschicht sind doch nur einen Unfall davon entfernt nicht mehr in die Mittelschicht zu gehören.