Im Berliner Bezirk Neukölln wird ein Bericht zum Rechtsextremismus zurückgezogen – wohl aus Angst vor CDU und AfD. Dann veröffentlicht ihn eben die taz.
Es waren klare Worte, die Sarah Nagel am 20. März verlor. Das Neuköllner Bezirksamt nehme „Rechtsextremismus als reale und aktuelle Gefahr nach wie vor sehr ernst“, erklärte die Jugendstadträtin und Linken-Politikerin, die in dem Berliner Bezirk auch Beauftragte für Strategien gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist. Rechte Propaganda und Gewalttaten seien in Neukölln „leider alltäglich“. Der Bezirk werde seine Gegenstrategien weiterentwickeln.
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Nun aber ist der Bericht unbemerkt wieder einkassiert. Das Bezirksamt unter SPD-Bürgermeister Martin Hikel, in dem auch Vertreter*innen von CDU, Grünen und der Linken sitzen, nahm ihn aus dem Internet. Nach taz-Informationen stecken dahinter rechtliche Bedenken, ob es mit dem staatlichen Neutralitätsgebot vereinbar ist, dass die AfD in dem Bericht genannt wird – Bedenken, die aber nicht alle im Bezirksamt teilen. Zum anderen kritisiert die CDU, dass der Bericht „linksextreme Forderungen“ enthalte und auch „konservative Akteure“ als Problem benenne.
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Für Nagel geht es eben auch um eine Grundsatzfrage. „Auch ein Bezirksamt muss rechtsextreme Gefahren benennen, wenn diese vorliegen. Und wenn diese von der AfD ausgehen, dann darf auch das nicht verschwiegen werden.“
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Auch bei den Neuköllner Initiativen wird man über das Vorgehen der CDU und des Bezirksamts nicht erbaut sein. Im Bericht selbst wird ein Vertreter des Bündnis Neukölln zitiiert, als hätte er etwas geahnt: „Manchmal würde man sich ein bisschen mehr Haltung, ein bisschen mehr Selbstbewusstsein wünschen, was den Umgang mit irgendwelchen Klagen von beispielsweise der AfD angeht.“
Die BVV ist selbst Teil der Bezirksverwaltung eines Berliner Bezirks, der im übrigen nicht mit einer kreisfreien Stadt in Selbstverwaltung zu vergleichen ist, weil diese eben eine eigene Körperschaft ist, wohingegen Berlin eine einzige Gebietskörperschaft darstellt. Weswegen auch die Kompetenz nicht bei Frau Nagel liegt, sondern nach dem AZG bei der Hauptverwaltung. Ich weiß, dass das insbesondere in Neukölln gerne durchbrochen worden möchte, weshalb ich auch für eine Abschaffung der Bezirks- und Stadtratsämter bin, da hier stets ein falsches Verständnis von dieser Ebene entsteht. Insofern, nein, das ist kein starkes Stück, denn Frau Nagel war bereits in Ihrer Rolle als Leiterin des Ordnungsamtes umstritten.
Zu deinen übrigen Antworten, getroffene Hunde bellen.
Berliner Landesverfassung:
Verfassung von Berlin - Abschnitt VI: Die Verwaltung Artikel 66
(1) Die Verwaltung ist bürgernah im demokratischen und sozialen Geist nach der Verfassung und den Gesetzen zu führen.
(2) Die Bezirke erfüllen ihre Aufgaben nach den Grundsätzen der Selbstverwaltung. Sie nehmen regelmäßig die örtlichen Verwaltungsaufgaben wahr.
Artikel 67
(1) Der Senat nimmt durch die Hauptverwaltung die Aufgaben von gesamtstädtischer Bedeutung wahr. Dazu gehören:
Die Ausgestaltung der Aufsicht wird durch Gesetz geregelt. Es kann an Stelle der Fachaufsicht für einzelne Aufgabenbereiche der Bezirke ein Eingriffsrecht für alle Aufgabenbereiche der Bezirke für den Fall vorsehen, daß dringende Gesamtinteressen Berlins beeinträchtigt werden.
(2) Die Bezirke nehmen alle anderen Aufgaben der Verwaltung wahr. Der Senat kann Grundsätze und allgemeine Verwaltungsvorschriften für die Tätigkeit der Bezirke erlassen. Er übt auch die Aufsicht darüber aus, daß diese eingehalten werden und die Rechtmäßigkeit der Verwaltung gewahrt bleibt.
Deine Behauptung, dass hier der Bezirk nicht selber tätig werden dürfte, ist schlichtweg gegen die Berliner Landesverfassung. Selbst wenn man meinte, dass dies ein dringendes Gesamtinteressen Berlins beeinträchtigen würde, gäbe es nur ein “Eingriffsrecht”. Der Begriff “Eingriff” zeigt jedoch schon, dass die Bezirke nicht vor jeder Handlung um Erlaubnis fragen müssen.
Meine Bemerkungen war schon so richtig. Die Grundsätze der Selbstverwaltung bedeutet nicht, dass sie sich selbst verwalten wie es eine eigene Gebietskörperschaft tut, weil Berlins Bezirke eben keine Körperschaften sind.
Zum BezVG:
Stimmt Artikel 67 VvB Abs. 1 Nr. 1 überträgt Grundsatzangelegenheiten der Hauptverwaltung. Und der Kampf gegen Extremismus ist Sache des gesamten Landes Berlins in Zuständigkeit der Senatsebene, genauer geregelt Nr. 3 Abs. 15 ZustKat AZG
Das ist keine Behauptung sondern belegter Fakt, dass es eine berlinweite Angelegenheit ist, in der zunächst die Senatsverwaltung zuständig ist. Und ja, ich meine, dass das keine Aufgabe des Bezirks ist, denn dieser regelt örtliches und nicht berlinweites. Der Kampf gegen Extremismus und die Aufklärung der Öffentlichkeit ist aber nunmal Sache des Verfassungschutzes und nicht des Bezirksamtes. Das Eingriffsrecht spielt hier keine Rolle, weil der Bezirke nicht zuständig ist.
Es ist Aufgabe des Verfassungsschutzes, Gespräche mit zivilgesellschaftlichen Organisationen im Bezirk zu führen? Verfassungsschutz ist übrigens der einzige Begriff im ZustKAT dazu. Demokratieförderung o.ä. sind nicht aufgeführt. Dazu kommt die Frage, ob es im Neukölln Komplex angesichts möglicher Verwicklungen von Polizei und Staatsanwaltschaft nicht sogar grundsätzlich geboten ist, an der Aufarbeitung dieser Terrorserie außerhalb der komprommitierten Institutionen zu arbeiten. Zu schlechter Letzt hat mit Kai Wegner auch ein völkischer Rassist, der meint “echte Deutsche” am Vornamen erkennen zu können und dass deutsche Staatsbürger ohen deutsche Vornamen offenbar Bürger zweiter Klasse sind, die Regierungsführung übernommen.
Wenn du meinst, dass der Kampf gegen Extremismus eine alleinge Aufgabe des Verfassungsschutzes ist, solltest du dringend Strafanzeige gegen die ganzen zivilgesellschaftlichen Organisationen stellen. Die betreiben dann anscheinend Amtsanmaßung…
Selbstverständlich
Fördert der Verfassungsschutz nicht die Demokratie, indem er über die Gefahren und aktuellen Bestrebungen extremer Flügel oder Personen warnt und diese beschreibt?
Gerne teile ich deine Kritik am Verfassungsschutz, falls es darum ginge, dass dieser die Öffentlichkeit zu wenig umfassten unterrichtet und ein solcher Bericht auch auf die einzelnen Bezirke bezogen aus dortiger Feder stammen müsste.
Unbedingt, nur warum nicht über den Journalismus?
Genau, wenn ich das meinen würde, nur glaube ich, dass du selbst weißt dass ich das so nicht meine, und falls nicht, sage ich es dir jetzt hiermit mit :) . Ein Beitrag ist es aber auch, seine Aufgaben wahrzunehmen, auch wenn diese keinen direkten Bezug haben, sondern die Entstehung verhindert.