Ich schäme mich ja ein bisschen dafür, dass ich keinen Dialekt spreche. Südostniedersächsisches Deutsch (man könnte die Region auch “Ostfalen” nennen) ist jetzt vielleicht nicht ganz so perfekt, wie gerne behauptet wird, aber es ist ganz sicher kein Dialekt im Sinn von Bairisch, Badisch oder gar Plattdeutsch (wir wären ja hier im plattdeutschen Sprach-/Dialektraum, wäre uns das von Preußen nicht ausgetrieben worden).
Du bist fast ein Nachbar. Ich komme aus dem Münsterland.
Ich habe als Kind noch Platt gelernt (die Bocholter Variante davon, mein Vater kommt aus der Ecke) und habe auch lange versucht, das lebendig zu halten. Dann habe ich eine Schweizerin geheiratet, habe ein paar Jahre in der Schweiz gelebt, und seitdem ist mein Platt für die Tonne. Es mischt sich alles mit Schweizerdeutsch. Ich kann beides verstehen, aber keins von beidem sinnvoll sprechen. 😅
Ah die Nachbarn.
Ich wünsche mir auch manchmal, Platt zu können, vor allem weil unsere Variationen sehr wenig erforscht sind. Umso mehr freut es mich jedes Mal, wenn ich in meinem Wortschatz eine regionale Besonderheit entdecke.
Ich muss aber gestehen, es gibt Tage an denen sich mir bei bestimmten Dialekten die Nackenhaare aufstellen, aber das hat wohl eher mit gewissen Assoziationen zu tun.
So lange ich jemanden verstehe, ist mir doch egal ob das perfektes Hochdeutsch ist oder nicht. Den schweizer Akzent finde ich sowieso auch eher nett. Wenn die Schweizer (und viele andere) so richtig in ihrem Dialekt sprechen, verstehe ich allerdings maximal die Hälfte.
Weil sie’s nicht sprechen?
Doch, genau genommen tun sie das. Der Begriff “Hochdeutsch” hat tatsächlich einen geografischen Ursprung, der mit den höher gelegenen Gebieten im deutschen Sprachraum zusammenhängt. Heute wird der Begriff jedoch meist als Synonym für die deutsche Standardsprache verwendet.
Ist der geographische Begriff nicht Oberdeutsch?
Ich als Schweizer schäme mich eher für meine Grammatik.
Bin gerade in dem Artikel über diesen Absatz gestolpert:
In Deutschland hingegen ist Hochdeutsch für die allermeisten die Alltags- und Umgangssprache. Kein Wunder, sind sie gewandter und schneller im Hochdeutschsprechen als wir. Und kein Wunder schämen sich viele Schweizerinnen und Schweizer für ihr Hochdeutsch.
Diese Nebensatzkonstruktion kenne ich so aus meiner Alltagssprache nicht, finde es aber eine schöne Alternative.
Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod.
Saarländer hier. Drücke hiermit mein Mitgefühl aus, denn ich schäme mich auch für mein Hochdeutsch.
Wie kann man sich für etwas schämen, was man gar nicht hat?
😉
War mal in Berlin nen Kumpel besuchen und wir waren in einer Bar. Ich hab mich an der Theke mit einem unterhalten und irgendwann meinte er dass ich für einen Ausländer erstaunlich gut Deutsch spreche. Ja, danke Mann, ich bin stets bemüht.
OK das ist mega witzig.
Der Trend geht zum
ZweitwagenSprachenstandardisieren…Es sollte sich niemand für seinen regionalen Dialekt schämen müssen. Schämen sollten sich die Gleichmacher, die regionale Kultur zerstören, indem sie überall gnadenlos mit Hochdeutsch drüberbügeln.
Grummel grummel blöds gumihausdütsch grummel
Der Artikel tut sich selbst überhaupt keinen Gefallen damit, dass er unterschlägt, dass es kein „Bundesdeutsch“, sondern auch in Deutschland stark unterschiedliche Varianten gibt. In dem Zusammenhang hätte er durchaus erwähnen dürfen, dass das Deutsche keine Aussprachen standardisiert. Der Hannover-Akzent ist zwar in etwa das woran sich die meisten orientieren, aber eben nicht offiziell!
Preußen hat definitiv standardisiert - ob das heute offiziell ist hin oder her, echter Dialekt ist in den ehemaligen preußischen Gebieten größtenteils tot, während er in Bayern oder BaWü gesund und munter ist. Bayerische Tagesschausprecher*innen haben keinen deutlich vom Standard abweichenden Akzent beim Arbeiten, selbst wenn sie zu Hause abledern wie im Musikantenstadl. Ich habe auch nicht wirklich den Eindruck, dass bundesdeutsche Dialektsprecher ihre Akzente als gleichwertige Aussprachevarianten ansehen. Siehe “Wir können alles. Außer Hochdeutsch.”