Zweitaccount wegen des schwierigen Themas. Die Hilfe ist genau so schwierig - ich weiß. Dennoch möchte ich die Schwarmintelligenz um Ideen oder Erfahrungen bitten. Und mir einfach mal was von der Seele schreiben. Vorweg: Natürlich ist das nur meine Sicht, aber wie soll es auch anders sein.
Das Szenario ist schnell umrissen: Meine Frau und ich sind der Einfachheit halber beide 40 und bereits 20 Jahre zusammen. Früh kennengelernt und beinander geblieben. Das Leben läuft wie auf Schienen. Hier und da mal ein Unwetter, aber nichts dramatisches was uns vom Kurs abbringt. Die Kinder sind aktuell am gedeihen und Pubertieren, wie es halt so ist. Über die Jahre ein bisschen Renovieren, Urlaub, Hobby, Vereine. Mit den Jobs ist soweit auch alles okay, Geld ist meist mehr als man ausgeben kann. Das Vertrauen ineinander ist eigentlich unerschütterlich. Wir sind im großen und ganzen Gesund, nichts was andere nicht auch hätten und wo es keine Hilfe gäbe. Unser genereller Umgangston ist meist Lustig/Schroff oder auch normal-neutral. Klar zofft man sich auch mal, aber nichts ist von Dauer. Der Rest der Familien ist auch in Ordnung, kein langwieriger Stress oder böses Blut - es ist eigentlich alles normal und könnte so schön sein.
Es könnte. Denn seit über zehn Jahren bin ich einsam. Trotz oder gerade wegen meiner wunderbaren Frau. All das was Sie z.B. an Fürsorge, Nähe, Intelligenz und emotionalem Können für unsere Kinder oder ihre Familie verkörpert, stellt Sie genau so für mich nicht da. Mir ist bewusst, dass Paare mit Kindern wenig Zeit füreinander haben. Aber wenn ich mich in der Verwandtschaft, Bekanntschaft oder Nachbarschaft umsehe, schaffen die meisten anderen das irgendwie, irgendwann. Und wir reden hier nicht davon, dass ich die „heißen ersten Jahre“ vermisse (Klar tu ich das, wer nicht….:D) oder erwarte, dass wir ohne die Kids in den Wochenendurlaub nach Malle fliegen. Ich würde einfach gerne mal mit meiner Frau abends zusammen Fernsehen, 30, 40 Minuten - was sie regelmäßig alleine im Bett macht bzw. schafft. Oder Spazierengehen - was Sie regelmäßig mit ihrer Freundin macht. Oder Sport - ihr ratet es schon. Für sich selbst und für andere kann Sie alles was sie sich vornimmt. Und ich will ihr nichts wegnehmen, oder mich in ihre „Me-Time“ / Auszeit reindrängen. Ich will nur einfach auch mal Zeit mit ihr verbringen. Wir waren bestimmt 15 Jahre nicht mehr zusammen außerhalb Essen, im Theater oder auf dem Weihnachtsmarkt - nix. Wir waren dieses Jahr ungelogen ungefähr 2 mal alleine Spazieren, ein mal Radfahren und haben vielleicht - wenns hochkommt ein Dutzend Filme oder Serienepisoden gesehen. Und wie gesagt. Nicht Dezember, oder im Herbst… auf’s Jahr!
Wenn jetzt die Frage aufkommt, was ich schon getan habe statt hier rumzujammern: Ja ich habe es angesprochen. Mehrfach, alle paar Jahre. machmal zweimal, dreimal im Jahr. Manchmal als Bitte, manchmal auch im bitteren Ernst. Die Antwort war immer die gleiche: Das sei Ihr unbekannt gewesen, Sie hätte es ganz anders wahrgenommen und es tut ihr unendlich leid. Sie freut sich, dass alles im Grunde so toll läuft und ich einfach für sie da bin. Dass mir überhaupt etwas fehlen würde hätte Sie nie geahnt weil ich sonst immer so wenig emotionale Probleme habe. Und ich glaube ihr das auch. Immer noch! Wenn das Problem angesprochen und diskutiert wurde, kommt meist eine kurze Phase der Überkompensation, die für mich auf Grund der Vorgeschichte genau so belastend ist wie die eigentliche Ursache. Denn wenn man am erfrieren ist, bringt einem eine Sauna nichts. Und nach ein paar Tagen oder zwei, drei Wochen schleicht sich der Alltag wieder ein. Wir gehen ins Bett nach einem Tag ohne ernste Gespräche, Berührungen oder sonstige Nähe und Zweisamkeit. Sie liest dann wieder oder schaut fernsehen. Wenn Ich dann noch alleine auf dem Sofa sitze oder neben ihr liege, bemerkt sie es nicht mal. Jegliche kleinste Aktivität muss von mir angestoßen oder sogar geplant werden. Als ich einmal eine Paartherapie angesprochen habe, fand sie das garnicht lustig. Ich solle wegen meiner wenigen Emotionen doch selbst erstmal zum Therapeuten, bevor sie mitgeht.
Bislang dachte ich, dass es irgendwie irgendwann mal besser werden würde. Vielleicht wenn Die Kinder nicht mehr so häufig bei uns im Bett pennen oder weniger anhänglich sind und selbständiger werden. Aber im Gegenteil! Es wird nur schlimmer, weil es mehr und mehr Alltag wird ohne dass meine Frau irgendwas dagegen tut. Langsam habe ich echt keine Energie mehr, mein Akku ist schon lange alle. Die Zeit um die Wochenenden oder gar die aktuellen Feiertage ist der reinste Albtraum für mich. Andere finden diese weihnachtliche Heimeligkeit vor dem Kamin in der Werbung und Fernsehen vermutlich zum Kotzen. Für mich wäre es das Paradies. Aber zu Hause zu sein ist für mich der anstrengendste Teil der Woche weil es einfach nur noch schmerzt. Die einzige Erholung zu Hause ist der Schlaf oder die Ausflüge in die Natur. Für die Kinder bin ich kaum noch zu gebrauchen, denn durch diese Situation bin ich mittlerweile so angespannt, dass die Kinder schon denken, ich hätte was gegen Weihnachten. Oder gegen Wochenenden. Meine Frau denkt in halb-ironischer Weise, ich würde die Arbeit mehr mögen als die Familie, weshalb ich dann an Werktagen besser drauf bin. Dass ich an der Arbeit durch Kolleginnen und Kollegen mehr emotionales Feedback bekomme, als zu Hause, kann sie sich vermutlich nicht mal vorstellen. Aktuell weiß ich nicht mehr weiter. Das letzte Gespräch ist nun drei Wochen her und es ist wieder alles beim Alten.
Ich bedanke mich bei euch erstmal für’s lesen und eure Zeit. Was macht ihr so gegen Einsamkeit? Gibt es das bei Euch?
€: Durch Urlaub / Feiertage ist die Rückmeldung auf eure Antworten etwas schwieriger als gedacht. Ich versuche so gut es geht hinterher zu kommen. Vielen Dank für eure Anteilnahme, Erfahrungen und Ratschläge. Das Hilft mir sehr! :)
Erstmal: mein Mitgefühl. So lange war es zwar für mich nicht, aber gut 5 Jahre hatte ich es sehr ähnlich. Es ist scheiße.
Es gibt kein Allheilmittel, was für mich am meisten geholfen hat, ist mich mit mir selbst zu beschäftigen.
Im Sinne von mehreren Punkten:
was sind meine Bedürfnisse? Wie Decke ich diese ab? Dabei ist mir aufgefallen, dass ich meine eigenen Bedürfnisse immer außen vor gelassen habe und mich 24/7 nur auf andere konzentriert habe. Das hat mich aufgerieben, das führte zu Frust und ich war dann auch nicht wirklich ein guter Gesprächspartner.
Bin ich ehrlich zu mir? War ich nicht wirklich. Meine Frau und ich hatten wie ihr unsere “wilden 20er” zusammen verbracht und dabei fehlte es definitiv an experimentation auch im Bett. Und das war es, was zu vielen anderen Problemen führte.
Was kann ich tun? Und was nicht? Schaue dir an, was du für dich selbst von deinen Bedürfnissen befriedigen kannst. Das kann ein Hobby sein, das kann körperliche Fitness sein, ändern deiner Routine, etc. es gibt viel was man beeinflussen kann, aber halt auch nur das, was in der eigenen Entscheidungshoheit liegt. Schau dir besonders an, was nicht darin liegt. Das muss man erkennen. Und loslassen. Du kannst, wenn du in dich selbst gekehrt bist, deine Bedürfnisse klar kommunizieren. Dates planen, wöchentliche offene Gespräche was für lief und was nicht planen, etc. aber du kannst niemanden dazu zwingen Zeit mit dir zu verbringen. Es ist immer die Gefahr, dass es am Ende einfach bereits eine WG ist. Das kannst nur du einschätzen, aber sei nicht übereilt, und schau erst, was wirklich los ist. Sei aber auch bestimmt und setze dir ein Ziel, was sich in 1-2 Monaten nach deiner Reflektion ändern muss damit die Beziehung eine Chance hat von deiner Seite aus
Setze dir selbst Ziele, welche du als realistisch empfindest, für die Beziehung. Es tat weh, aber ich musste auch feststellen, dass meine Ehe so nicht weiter geht. Also gab es klare Worte: “wir müssen etwas ändern, sonst bin ich geistlich am Ende. Wenn dir unsere Beziehung noch wichtig ist, dann müssen wir auch wieder lernen ein paar zu sein. Derzeit sind wir zwei Erwachsene die die Familien KG managen.”
Auch wichtig: Versuche nicht gleich alles auf einmal anzugehen. Das geht meist schief. Lerne wieder die kleinen Erfolge, die kleinen schönen Momente zu sehen. Ich musste mir jeden Tag einige aufschreiben, egal wie klein, damit ich diese nicht übersehe. Versuche die guten Sachen nicht zu übersehen.
Da jeder Situation sehr individuell ist, wäre hier auch Therapie wahrscheinlich gut. Vor allem erstmal einzeln. Denn dabei kann der Therapeut dir die richtigen Fragen stellen für deine Situation.
Männer vor allem neigen viel zu selbst-isolation. Vielleicht helfen ja nicht-arbeits-basierte Beziehungen, zB von Sport. Oder gemeinnützigen Verein. Themen zu haben über die man sprechen kann, ist auch wichtig in einer langen Beziehung. Und da kann sowas auch helfen.
Das war jetzt alles vielleicht ein wenig durcheinander, aber deswegen bin ich ja auch kein Profi. Ich wünsche dir viel Glück und hoffe, dass die Überkompensation deiner Frau heißt, dass sie auch an der Beziehung weiterhin hängt.
Vielen Dank auch an Dich für deine Gedanken und Erfahrungen. Wir wollen für uns auch eine sichere Art der Kommunikation und Reflexion schaffen. So, das wir jederzeit sehen können, was wir schon erreicht haben. Mir schwebt da eine Art gemeinsames Tagebuch vor. Analog wäre natürlich schöner, aber Digital vermutlich viel praktischer.
Das mit der Festigung im Alltag ist auch wichtig, aber da läuft es recht gut. Bin in Vereinen und gemeinnütziger Arbeiter gut verankert. Vielleicht etwas zu gut, weil mir meine Ehe nichts gegeben hat.