Wer von euch hat beruflich viel mit Linux/Unix Systemen zu tun was macht ihr so? Und in welchen Branchen seid ihr zuhause?

Ich werde meinen Job künden und suche mir langsam etwas Neues. Nach vielen Jahren Windows, O365, Teams etc. kann ich es nicht mehr sehen. Am liebsten hätte ich auch beruflich nur noch mit Linux zu tun. Allerdings kenne ich kaum ein Unternehmen, bei dem das möglich wäre. MS ist halt einfach Standard. Soweit ich sehe, werden vor allem Linux System Engineers gesucht. Bin bisher aber eher in der SW-Entwicklung zuhause.

Vielen Dank fürs teilen von euren Erfahrungen.

  • angrox@feddit.de
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    1 year ago

    Disclaimer: Alter Sack hier. Ich arbeite seit 25 Jahren im Linux und Open Source Umfeld, mit wenigen Ausnahmen. Angefangen als Admin für *nix Systeme (HP-UX, Solaris <3, Linux) bis hin zu technischen Teamlead, Architekt für Cloud-basierte Systeme, Security.

    Alles, was ich heute mache, läuft am Ende des Tages auf Linux, in irgendeiner Form. Sei es in der Cloud (ja, auch der Grossteil von Azure ist Linux) oder on-prem, die Software, die wir schreiben, läuft auf Linux. Daher ist Linux-Knowhow auch für Softwareentwickler wichtig.

    Wenn Du sagst Du möchtest im Linux Bereich arbeiten - was genau dann? Reicht Dir ein Linux Desktop und Du bist glücklich, oder möchtest Du Software entwickeln (Services, Embedded), die unter Linux laufen. Das ist eigentlich die erste Frage, die Du für Dich klären musst.

    Ersteres klingt einfach, aber bei vielen Firmen ist der Linux Desktop immer noch schwer zu erreichen. Nicht, weil es technisch nicht möglich ist, sondern weil die Compliancerichtlinien (Stichwort: Devicemanagement) sehr streng sind und dies unter Linux noch schwer zu erreichen ist - hängt von der eingesetzen Managementsoftware ab.

    Für Linux entwickeln ist einfach: Gefühlt machen das die meisten Software-Engineering Buden in der einen oder anderen Form. Nicht die alt eingesessenen Produkthäuser, die seit 20 Jahren Software für Versicherungen bauen (hust), sondern die Firmen, die moderne Services und Software auf Anfrage entwickeln.

    Für ein solche Firma arbeite ich: 90% unserer Projekte sind Linux Projekte: von Cloudbasiert bis Embedded ist da alles mit dabei. Linux Desktop kommt auch bald, da die Fragen des Devicemanagements bei uns nun geklärt sind und wir extra Leute für den Linux Desktop eingestellt haben, bzw gerade dabei sind.

    Generell gilt aber auch hier: IT ist nicht unbedingt ein Ponyhof. Der Kunde bestimmt am Ende des Tages, auch wenn sie oft mit sich reden lassen. Daher sollte man auch eine gewisse Resilienz mitbringen, wenn man auch mal mit Technologien arbeitet, die man nicht so mag. Deinem Erfahrungsaufbau schadet das nicht.

    • sasquash471@feddit.deOP
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      1 year ago

      Erstmal danke für deine ausführliche Antwort. Ein Linux Desktop wäre zwar ein Traum, aber ich mache mir da keine Illusionen, wie du schreibst ist das eher die seltene Ausnahme. Für und auf Linux Systemen zu entwickeln wäre wohl meine Richtung. Wahrscheinlich brauche ich einfach mal einen Tapetenwechsel und muss in eine etwas grössere Firma die wirklich professionell Software entwickelt. Wenn ich das alles hier so lese bestärkt sich mein Gefühl, dass wir bei uns ziemliche “Bastler” sind. Auch ein Grund warum ich gehe.

      • angrox@feddit.de
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        1 year ago

        Wenn Dein Bauchgefühl Dir sagt zu wechseln, dann tu es. Jetzt ist immer noch ein guter Zeitpunkt zu wechseln, und Talente wie Du werden gesucht.

        Ein Punkt zum Thema „professionell Software entwickeln“: Ich habe in meinem Berufsleben bei vielen grossen und kleinen Firmen gesehen, wie die mit heisser Nadel Software gestrickt wird. Mit professioneller Softwareentwicklung hatte das bei vielen nicht viel zu tun. Das „Basteln“ ist echt weit verbreitet, und das wirst Du auch sehen. Das ist dann immer Deine Chance Veränderungen herbeizuführen - als Neuer hast Du einen anderen Blick drauf. Ein Red Flag sollte sein, wenn das mittlere Management Ideen hart abblockt.

        Ich wünsche Dir alles Gute und lass mal hören, was aus Dir dann geworden ist 👍