Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock hat die geplante Stationierung weitreichender amerikanischer Raketen in Deutschland gegen Kritik verteidigt. Der russische Präsident Wladimir Putin habe “das Arsenal, mit dem er unsere Freiheit in Europa bedroht, kontinuierlich ausgebaut”, sagte die Grünen-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. “Dagegen müssen wir uns und unsere baltischen Partner schützen, auch durch verstärkte Abschreckung und zusätzliche Abstandswaffen.” Alles andere, betonte Baerbock, “wäre nicht nur verantwortungslos, sondern auch naiv gegenüber einem eiskalt kalkulierenden Kreml”.
Die Ministerin verwies darauf, dass Putin schon vor Jahren “mit Abrüstungsverträgen und unserer gemeinsamen europäischen Friedensarchitektur gebrochen” habe. “Er will uns damit Angst machen, unter Druck setzen und unsere Gesellschaften spalten.” Zwar wolle Deutschland eine andere Beziehung zu Russland, aber die traurige Wahrheit sei, so Baerbock: “Putins Russland ist derzeit die größte Sicherheitsgefahr für uns und unseren Frieden in Europa.” Diesen Frieden verteidigten die Menschen in der Ukraine an jedem einzelnen Tag.
In dem Punkt sind wir uns einig - aber der wirtschaftliche Niedergang war eben etwas, was sich mit etwas geopolitischer Vorraussicht aus dem Westen heraus hätte abmildern lassen. Es ist durchaus sinnvoll, “ohne Gegenleistung” Entwicklungshilfen in ein Land zu stecken, wenn man damit ein totalitäres Regime verhindern kann - d.h. die “Gegenleistung” besteht dann in einem NICHT erfolgenden Angriffskrieg Jahrzehnte später.
Tue ich mitnichten - NATO und UdSSR haben sich konsequent gegenseitig aufgeschaukelt, sonst hätten wir nicht diese unvorstellbare Bedrohung des x-fachen Overkills durch Atomraketen im kalten Krieg gehabt. Aber wenn man im Westen eine Chance hatte, Größe zu zeigen, dann war das gerade zum Ende / Kollaps der Sowjetunion. Stattdessen hat man sich in Schadenfreude / Siegestaumel gewälzt und versucht, die russische Einflusssphäre in Nadelstichen zu verkleinern. Und darum sind wir - und besonders die Ukrainer im Moment, und vorher die Georgier, Tschetschenen, aber auch freiheitsliebende Russen - jetzt so gefickt.
Die NATO ist und bleibt ein Kriegstreiberverein und Zäpfchen der Rüstungsindustrie, dem Putin gerade eine Legitimation und die beste PR-Kampagne gegeben hat, die sie sich jemals hätten wünschen können. Trotzdem würde ich so einen Stoltenberg (auch wenn der jetzt abdankt) für seine aggressive Rhetorik des letzten Jahrzehnts gerne wegen Volksverhetzung hinter Gittern sehen - gleich nachdem Putin aus nem Fenster gefallen ist.
Die Liste der militärischen Abenteuer der Russen in den 90ern habe ich dir ja schon zusammengestellt. Wo hätte der Westen denn da etwas machen sollen und vor allem wie?
Was meinst du denn mit “russischer Einflusssphäre” und was für Nadelstiche waren das denn?
Ich verweise noch mal auf obige Liste mit den russischen Kriegen der 90er. Da hat die NATO keinerlei Aktien drin gehabt, das haben die Russen ganz alleine hinbekommen. Insofern fällt es mir schwer, die militärischen Gelüste der Russen lediglich als eine Reaktion auf die NATO zu sehen und dieser in diesem Kontext die besondere “Kriegslust” zu unterstellen, denn da fällt mir die russische Verantwortung fürs eigene Handeln doch zu sehr unter den Tisch. Natürlich existiert keiner im Vakuum, aber nicht “wir” haben Russland zum kriegerischen Volk gemacht, sondern am Ende sie primär selber.
Stoltenbergs Job war es, im militärischen Kontext auf die Bedrohungen des Bündnisgebiets, und das sind und waren nun mal die letzten Jahre die Russen, zu reagieren. Natürlich ist diese Sprache eine “aggressive”, denn es gilt, bspw. eine passende Antwort auf atomar bestückbare Raketen in der Oblast Kaliningrad zu geben oder auf unverhohlene Drohungen gegenüber Länder unseres Bündnis zu reagieren. Seine Sprache war aggressiv, weil wir es mit einem aggressiven Land vor unserer Tür zu tun haben. Das siehst du ja jetzt in der Ukraine.