Viele meiner Patientinnen und Patienten fragen mich nach überstandener Erkrankung, ob sie noch mal Krebs bekommen können. Ich sage ihnen dann, dass die meisten nur einmal diese Diagnose erhalten. Doch man ist nicht davor geschützt: Manche Menschen erkranken später noch einmal. Dabei kann es sich um einen Rückfall handeln oder aber um einen ganz anderen, neuen Krebs. In seltenen Fällen trifft es Patienten sogar mehrmals gleichzeitig.
So genannte Zweitmalignome sind keine Metastasen oder ein Rezidiv der ersten, sondern unabhängig entstandene, neue Krebserkrankungen. Sie können in derselben Körperregion auftreten wie die erste oder an anderen Stellen. So entwickeln etwa manche Betroffene mit Brust- oder Hodenkrebs einen Zweittumor auf der jeweils anderen, bislang gesunden Seite. Trotzdem hängt der eine Krebs nicht mit dem anderen zusammen. Die Tumoren können dabei gleichzeitig, kurz nacheinander oder mit einem Abstand von vielen Jahren entstehen.
Das Risiko, an einem zweiten Krebs zu erkranken, unterscheidet sich von Person zu Person erheblich. Es liegt zwischen 1 und rund 15 Prozent.
Ein indirekter Zusammenhang kann aber schon bestehen. Bei vielen Krebsarten ist das Risiko für ein erneutes Auftreten einer ähnlichen Krebsart oder ein Auftreten an mehreren Stellen deutlich erhöht (z. B. bei lobulären Neoplasien der Brust). Nach meinem Verständnis hängt das damit zusammen, dass viele Faktoren wie bestimmter Hormoneinfluss oder ionisierende Strahlung das Risiko direkt erhöhen und daher ein Auftreten der Krankheit ein Indikator dafür ist, dass Körperzellen wahrscheinlich diesem Einfluss ausgesetzt waren.