Nach dem vereitelten mutmaßlichen Anschlagsplan gegen die israelische Botschaft fordert Thüringens Verfassungsschutzchef Stephan Kramer mehr Befugnisse für die Nachrichtendienste. »Wieder einmal ist ein ausländischer Nachrichtendienst der Hinweisgeber, und das sehr zeitkritisch«, sagte Kramer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). »Das zeigt: Die gute und vertrauensvolle internationale Zusammenarbeit funktioniert. Aber es zeigt auch, dass wir endlich grundsätzlich über die Befugnisse der deutschen Nachrichtendienste zur Informations- und Datenerhebung reden und Konsequenzen ziehen müssen.«

Der tatverdächtige Libyer, ein mutmaßlicher Unterstützer der Terrororganisation »Islamischer Staat« (IS), war am Samstag in Bernau bei Berlin festgenommen worden. Der Mann wurde in Untersuchungshaft genommen, ein Ermittlungsrichter habe Haftbefehl erlassen. Das sagte eine Sprecherin des Generalbundesanwalts.

Den Ermittlungen zufolge wollte er die israelische Botschaft in Berlin mit Schusswaffen angreifen. Der Hinweis auf den Mann soll von einem ausländischen Nachrichtendienst gekommen sein.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach von einem «feigen Anschlagsplan», der verhindert worden sei. Innenministerin Nancy Faeser wies auf die hohe Terrorgefahr in Deutschland hin und betonte die Bedeutung des Schutzes jüdischer und israelischer Einrichtungen.

»Es kann nicht sein, dass wir auf Hinweise aus dem Ausland angewiesen sind, aber selbst unsere Fähigkeiten nicht voll ausschöpfen dürfen, weil ein falsches Datenschutzverständnis uns die Hände bindet«, kritisierte Kramer. Die Politik habe die Pflicht, »uns die nötigen Befugnisse und Werkzeuge zu geben, um die Bedrohung unserer offenen Gesellschaft endlich besser abwehren zu können«. »Beim nächsten Mal kommt der Hinweis aus dem ausländischen Partnerdienst vielleicht zu spät«, warnte der Verfassungsschützer.

An der Spitze des für ganz Deutschland zuständigen Bundesamts für Verfassungsschutz steht derweil bald ein Wechsel an. Thomas Haldenwang, derzeit Präsident des Verfassungsschutzes, steht kurz vor dem Rentenalter. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will zeitnah einen neuen Präsidenten oder eine neue Präsidentin berufen.

Wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland unter Berufung auf Regierungskreise berichtete, soll die Ernennung noch vor der Bundestagswahl erfolgen, möglicherweise noch in diesem Jahr. Ein neuer Bundestag wird 2025 gewählt. Seit 2018 amtiert Thomas Haldenwang an der Spitze der Kölner Behörde.

Haldenwang genießt einen guten Ruf und hat das Amt nach den Skandalen um seinen zunehmend rechtsgerichteten Vorgänger Hans-Georg Maaßen wieder in seriöse Fahrwasser gelenkt. Allerdings ist er 64 Jahre alt und nähert sich damit der Altersgrenze. Faeser wolle auf jeden Fall selbst über seine Nachfolge bestimmen, hieß es aus Regierungskreisen. Dies sei nur »eine Frage von Wochen oder Monaten«.

Als denkbar gilt, dass Haldenwang noch ein von ihm angekündigtes neues Gutachten zur Einstufung der AfD vorstellt und anschließend aufhört. Er hatte das Gutachten am Montag vorige Woche angekündigt.

Beim Bundesamt für Verfassungsschutz gibt es derzeit zwei Vizepräsidenten, Silke Willems und Sinan Selen. Neben diesen sind auch andere Namen für die Nachfolge Haldenwangs im Gespräch.