Eine AfD-Politikerin aus Duisburg hat offenbar die inzwischen verbotene neonazistische Gruppierung „Artgemeinschaft“ unterstützt. Das berichtet die „Welt“. Die Unterstützung der rechtsextremen Gruppe durch eines ihrer Mitglieder wirft die Frage auf: Wie rechtsextrem ist die Duisburger AfD?

Nach dem Bericht war Sabine Dehnen, die neben ihrer Funktion als Ratsfrau auch Fraktionsvorsitzende der Alternative für Deutschland in der Bezirksvertretung Meiderich/Beeck ist, im Umfeld der Artgemeinschaft aktiv und unterstützte diese. Nach einem Hinweis des Verfassungsschutzes an die Polizei Duisburg wurde ihr von dort Ende 2021 die Waffenbesitzkarte entzogen. Die Polizei Duisburg bestätigt den Vorgang.

Die Artgemeinschaft wurde im September 2023 verboten. Das Bundesinnenministerium stuft die Vereinigung, deren voller Name „Die Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V.“ lautete, in den Worten von Innenministerin Nancy Faeser als „sektenartige, zutiefst rassistische und antisemitische Vereinigung“ ein. Sie sei demokratiefeindlich und gegen die verfassungsgemäße Ordnung gerichtet gewesen.

Das Bundesinnenministerium teilte anlässlich einer Razzia von gut 700 Polizisten gegen die Artgemeinschaft im vergangenen Jahr mit, zentrales Ziel des Vereins sei „die Erhaltung und Förderung der eigenen ,Art‘“ gewesen, was „mit dem nationalsozialistischen Terminus der ,Rasse‘ gleichzusetzen“ sei. Mitglieder seien angewiesen worden, „bei der ,Gattenwahl‘ innerhalb der nord- und mitteleuropäischen ,Menschenart‘ zu bleiben, um der rassistischen Ideologie des Vereins entsprechend das ,richtige‘ Erbgut weiterzugeben.“

Dieses Neonazi-Gedankengut also unterstützte eine Politikerin der AfD Duisburg. Wer ist Sabine Dehnen?

Seit März 2022 sitzt Dehnen als Mitglied der AfD-Fraktion im Duisburger Rat. Nach Angaben, die sie selber im Internet macht, wohnt Dehnen in Meiderich, ist verheiratet und Mutter zweier Kinder. Geboren wurde sie 1980 in Erbach im Odenwald.

2020 kandidiert Dehnen erstmals für die Bezirksvertretung Meiderich/Beeck (BV), wo sie aktuell die Fraktion der AfD anführt. In dieser Funktion beklagte sie sich 2020 wegen der Verabschiedung einer Resolution gegen Rechts in der BV, dahinter würde sich ein „totalitärer Geist“, verbergen, angeblich sollten „unliebsame Meinungen“ durch die Resolution „mundtot gemacht werden“.

In der Resolution heißt es unter anderem: „Wir setzen uns entschlossen für Menschenwürde, kulturelle Vielfalt und Freiheit ein – Grundrechte, die durch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland geschützt sind. Wir lehnen deshalb die Unterstützung rechtsextremer, rechtspopulistischer und nationalistischer Initiativen in den Gremien des Rates geschlossen ab.“

2022 tritt Sabine Dehnen für die AfD zur Landtagswahl an, verpasst aber den Einzug. Inzwischen ist sie Mitarbeiterin des AfD-Bundestagsabgeordneten Kay Gottschalk.

Auch Gottschalk stand schon wegen seiner Nähe zu Rechtsextremen in der Kritik: So wollte er 2022 den wegen faschistischer und rassistischer Aussagen als Sprecher der AfD-Fraktion fristlos entlassenen Christian Lüth als Mitarbeiter einstellen. Erst nach massiver Kritik, auch aus der AfD, sah er davon ab. Lüths Äußerungen sahen das „Vergasen“ oder „Erschießen“ von Migranten vor, sich selbst bezeichnete er als „Faschisten“.

Auch über Gottschalk hinaus steht Sabine Dehnen in Verbindung zu selbst für die AfD rechtsextremen Menschen. 2021 tritt sie im Facebook-Talkformat einer Kölner AfD-Politikerin auf – gemeinsam mit Rechts-Influencerin Reinhild Boßdorf, nach eigenen Worten „stolz“ darauf, „in dritter Generation rechts“ zu sein und sonst schonmal auf Veranstaltungen neben Matthias Helferich zu sehen, selbsternanntes „freundliches Gesicht des NS“. Sabine Dehnen selbst bedient in dem Talk-Video fremdenfeindliche Narrative der AfD.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Duisburger AfD mit neonazistischen Bestrebungen auffällt. Laut dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ hatte der Vorsitzende des Duisburger Kreisverbands in den 1990er Jahren Kontakte zur inzwischen verbotenen, neonazistischen Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP). Laasch, der diese Vorwürfe immer bestritten hat, soll außerdem in WhatsApp-Gruppen Nazi-Propaganda und rassistische Bilder verbreitet haben.

Artur Oppenhorst, der vor seinem Rauswurf aus der Partei Laasch scharf kritisiert hatte, äußerte sich 2020 so über die AfD Duisburg: „Seit ich im KV bin, habe ich mit Hitler, Holocaust, völkischer Sprache, Relativierungen und Verunglimpfungen zu tun. Das ist ein System.“

Von der AfD kommt keine Reaktion zu den Vorwürfen gegenüber ihrer Politikerin, mit der Artgemeinschaft eine derart rechtsextreme Organisation unterstützt zu haben, dass diese sogar auf einer Unvereinbarkeitsliste der AfD steht, nach der eine Parteizugehörigkeit sich nicht vereinbaren lasse mit einer Mitgliedschaft in den dort gelisteten Organisationen. Sabine Dehnen selber ließ eine Anfrage unserer Redaktion ebenso unbeantwortet wie die AfD Duisburg sowie die AfD-Fraktion im Duisburger Rat. Auch MdB Kay Gottschalk reagierte nicht. Konsequenzen für Dehnen scheint die AfD in Duisburg also nicht zu ziehen.

Eine Rücktrittsforderung kommt von der Fraktion Die Linke/Die Partei im Duisburger Rat. Fraktionssprecher Mirze Edis sagt: „Angesichts der Enthüllungen über die Verbindungen von Sabine Dehnen zu der neonazistischen und mittlerweile verbotenen Organisation ,Artgemeinschaft‘, fordere ich ihren sofortigen Rücktritt von allen politischen Ämtern.“ Auch der Duisburger Kreisverband der AfD sowie deren Ratsfraktion müssten überprüft werden: „Wir fordern auch in Duisburg eine genaue Überprüfung der Strukturen der AfD und dass hier ebenso wie bei Frau Dehnen die Waffenbesitzkarten und vorhandene Schusswaffen eingezogen werden.“

Der Fall Sabine Dehnen betrifft auch die DVG: Im Juni wurde Dehnen auf Vorschlag der AfD-Fraktion im Duisburger Rat in den Aufsichtsrat der Duisburger Verkehrsgesellschaft gewählt. Die konstituierende Sitzung des aktuellen DVG-Aufsichtsrates (15 Mitglieder, darunter sieben Ratsleute) fand laut DVG am 24. September statt. Weitere Funktionen bei der DVG hat Sabine Dehnen demnach nicht inne.

Ihre Funktion als DVG-Aufsichtsrätin behält die AfD-Politikerin trotz ihrer Unterstützung der inzwischen verbotenen Organisation Artgemeinschaft. DVG-Sprecher Ingo Blazejewski begründet das so: „Ein Aufsichtsrat ist ein Kontrollgremium in einem Unternehmen. Ein Unternehmen entscheidet nicht über die Benennung oder Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern. Die Aufsichtsratsmitglieder werden von den Aktionären des Unternehmens gewählt oder entsandt.“