Während Mietwohnungen immer knapper und teurer werden, gerät die Bauwirtschaft immer stärker in die Krise. Im Juli brach die Zahl der Baugenehmigungen im Vergleich zum Vorjahresmonat um 19,2 Prozent ein, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch bekanntgab. Damit wurde in dem Sommermonat der Bau von nur noch 17.000 Wohnungen genehmigt. Zwei Jahre zuvor hatte die Zahl der Genehmigungen noch bei über 30.0000 Wohnungen gelegen.
„Der Boden ist damit immer noch nicht erreicht und zaghafte Stabilisierungszeichen aus den Vormonaten haben sich als trügerisch erwiesen“, kommentierte der Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien, diese Entwicklung. Das aktuelle Niveau der Baugenehmigungen entspreche nur rund 200.000 neu gebauten Wohnungen pro Jahr. „Das ursprüngliche Ziel der Bundesregierung, dass jedes Jahr 400.000 neue Wohnungen in Deutschland entstehen sollen, liegt nun für diese Legislaturperiode in unerreichbarer Ferne.“
Derzeit arbeiten noch rund 2,6 Millionen Beschäftigte im Baugewerbe. Lange Zeit ging es der Branche aufgrund niedriger Zinsen relativ gut. Als das Bruttoinlandsprodukt wegen der Coronakrise 2020 um 4,1 Prozent einbrach, legte die Bauwirtschaft noch um 4,0 zu. Die Wende kam mit steigenden Kosten und vor allem steigenden Zinsen infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine im Februar 2022. Denn die Europäische Zentralbank (EZB) bekämpfte den dadurch ausgelösten Anstieg der Inflation mit höheren Zinsen. Dies verteuerte Kredite, was sich wiederum negativ auf Immobilienpreise und Bauwirtschaft auswirkte.
Zwar hat die EZB die Zinsen zwischenzeitlich wieder leicht gesenkt. Doch ist sie laut Dullien dabei zu zögerlich. „Die Zinsen für zehnjährige Immobilienkredite hatten sich zeitweise von rund einem Prozent fast vervierfacht und liegen heute immer noch mehr als dreimal so hoch wie zum Tiefpunkt“, erklärt der Experte. „Die Wohnungsnot in den deutschen Ballungsgebieten wird damit absehbar anhalten.“
Wie groß die Wohnungsnot derzeit ist, dürften im bald beginnenden neuen Semester auch viele Studierende merken. Mittlerweile kostet ein WG-Zimmer an einem deutschen Hochschulstandort im Schnitt 489 Euro pro Monat. Die Zimmer sind damit im Schnitt um 17 Euro teurer als im Wintersemester 2023/24, wie eine aktuelle Studie zeigt, die das Moses-Mendelssohn-Institut in Kooperation mit der Onlineplattform wg-gesucht.de erstellte. Vor dem Wintersemester 2013/2014 hat ein WG-Zimmer im Schnitt noch 324 Euro gekostet.
Für ihre Analyse werteten die Forschenden mehr als 9.000 Angebote für WG-Zimmer aus. Besonders viel müssen demnach Studierende in München berappen. In der bayerischen Landeshauptstadt kostet ein WG-Zimmer im Mittel 790 Euro im Monat. Das sind 40 Euro mehr als ein Jahr zuvor. Zweitteuerste Stadt ist Frankfurt am Main mit 680 Euro. Nummer drei ist Berlin. Hier bleibt die Miete mit 650 Euro konstant hoch.
Eine Trendwende auf dem Wohnungsmarkt wird es unterdessen so bald nicht geben. Laut Ökonom Dullien ist sie frühestens im späteren Jahresverlauf 2025 zu erwarten, „wenn die EZB die Zinsen spürbar gesenkt hat und sich diese Zinssenkungen auch auf die Baunachfrage durchschlagen“.