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Es geht hier an die Hardware des politischen Systems. Die gute Nachricht ist: Nach wie vor hat sich eine Mehrheit der Wähler und Wählerinnen auch in Sachsen und Thüringen diesem Versuch eines Umsturzes in den Weg gestellt. Gerade die Union sollte die Stimmen, die auf ihr Konto gingen, allerdings nicht nur als Plebiszit für ihre Politikkonzepte verstehen. Eine Befragung von Infratest dimap zeigte, dass spektakuläre 52 Prozent der CDU-Wähler in Sachsen und 55 Prozent der CDU-Wähler in Thüringen angaben, sie hätten die Partei nur gewählt, damit die AfD nicht zu viel Einfluss bekommt. Das sollte der Union zu denken geben.
Es wäre ein schwerer Fehler, würde sich die Antwort der demokratischen Parteien darin erschöpfen, die Wählerinnen und Wähler der AfD durch politisches Entgegenkommen besänftigen zu wollen. Genau solche Reaktionen aber sind zu befürchten, wenn man sich etwa die Worte des Bundespräsidenten am Wahlsonntag anhört, der alle Parteien aufforderte, an der Begrenzung der Migration mitzuarbeiten. Das klang so, als seien migrationsfreundliche Standpunkte eine Gefährdung der Demokratie, weil sie Menschen dazu bringen könnten, die AfD zu wählen.
Wer von der Politik fordert, solche Standpunkte in der Migrationsfrage hinter sich zu lassen, der übersieht, wie sehr sich dieses Land in den vergangenen zehn Jahren schon nach rechts bewegt hat. Liest man das 19-Punkte-Programm von Pegida aus dem Jahr 2014, könnte man bisweilen glauben, es mit Positionen der heutigen SPD zu tun zu haben. Deutschland hat in der Asyl- und Migrationsfrage einen gewaltigen Weg nach rechts zurückgelegt – so weit, dass kaum noch Spielräume bleiben, die nicht gleichzeitig internationales Recht und das Grundgesetz infrage stellen.
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