Razzien in falschen Wohnungen, demütigende Behandlung der Angetroffenen, traumatisierte Erwachsene und Kinder – bei Hausdurchsuchungen im sogenannten Budapest-Komplex in Leipzig und Jena sind die beteiligten Landespolizeien am 15. März 2023 brutal und herablassend aufgetreten.
Moment mal! Was?! Die Soko Linx arbeitet nicht vernünftig?! Ich bin schockiert! Wer hätte damit nur rechnen können? Und warum höre ich nicht von solchem Fehlverhalten bei der Soko Rex, die sich um Rechtsextreme kümmert?
https://taz.de/Soko-Linx-in-Sachsen/!5723937/
Darüber berichtet ein Dokumentarfilm, den das nichtkommerzielle Medienprojekt »Insight Reports« am Mittwoch auf Youtube online gestellt hat.
https://www.youtube.com/watch?v=ehjQSA4nqKU
Unter dem Titel »Zwischen Trauma und Gewalt« werden dabei bislang unveröffentlichte Vorwürfe gegen die Behörden erhoben. Die Filmemacher*innen stützen dies auf Interviews mit Betroffenen, die an dem Tag von der Polizei angetroffen und behelligt wurden.
Die polizeilichen Maßnahmen galten Antifaschist*innen, die wegen Übergriffen auf vermeintliche oder tatsächliche Teilnehmende des Naziaufmarschs »Tag der Ehre« im Februar 2023 gesucht werden.
In Budapest sollen sie dazu angeklagt und vor Gericht gestellt werden. Deutsche Kriminalämter ermitteln in derselben Sache, die Federführung hat dazu die »Soko Linx« der Polizei in Sachsen.
Übrigens der einzige Fall seit ihrer Gründung 2019, bei dem es so aussieht, als ob die Soko Linx ihn aufklären kann
Zuletzt wurde in dem Komplex Maja T. aus dem Gefängnis in Dresden nach Ungarn ausgeliefert.
Sie wurde übrigens buchstäblich 11 Minuten bevor ein Gericht die Auslieferung rückgängig gemacht hat über die österreichische Grenze gebracht
In Nürnberg sitzt Hanna S. wegen ähnlicher Vorwürfe in Untersuchungshaft, ein Auslieferungsersuchen hat die ungarische Justiz aber soweit bekannt noch nicht gestellt. Weiterer Verdächtiger konnte die Polizei bislang nicht habhaft werden, zwölf Personen gelten als untergetaucht.
Am 15. März hat die Polizei auch zwei falsche Wohnungen gestürmt. Unter anderem sei die Tür eines »völlig unbeteiligten Renters« in Jena-Ziegenhain durch ein Thüringer Spezialeinsatzkommando (SEK) aufgebrochen worden, erklären die Macher*innen des Dokumentarfilms in einer Mail an »nd«.
Was haben Polizisten eigentlich gegen Rentner? Wie viele Wohnungen von unschuldigen Rentnern wurden dieses Jahr schon gestürmt?
In Leipzig-Ost hätten Kräfte der sächsischen Bereitschaftspolizei fälschlicherweise die Wohnungstür einer ebenfalls unbeteiligten und zu diesem Zeitpunkt kranken Frau mit einer Ramme zerstört.
Durchschnittliche Razzia der Soko Linx
In keiner der mindestens acht Wohnungen, die an diesem Tag durchsucht wurden, waren gesuchte Personen anwesend.
Erinnerungen an die RAF-Rentner werden wach
Angetroffen wurden dem Medienkollektiv zufolge ausschließlich Eltern, minderjährige Geschwister und mutmaßliche Mitbewohner*innen.
In dem Film berichten sie von herablassendem und gewaltvollem Verhalten der eingesetzten Polizist*innen.
Schockierend
Das Medienkollektiv berichtet »nd« von weiteren verbalen Übergriffen. So habe etwa das SEK Thüringen Äußerungen wie »Wir brauchen mal die Pässe von diesem Gedöns«,
»Wollen Sie das wirklich? Dass wir Sie auf den Boden packen und so gewaltsam mit ihnen sind, während ihre Kinder zuschauen?«
Empathischster Soko Linx-Beamter
oder »16-jährige wollen doch immer erwachsen sein, jetzt kann sie mal zeigen, ob sie groß ist« getätigt.
Jetzt mal ehrlich: Wenn das so gefährliche Jugendliche Terroristen wären, wäre es dann nicht unfassbar dumm einen mutmaßlichen Bekannten von denen so zu behandeln und die „Terroristen“ auch noch persönlich herauszufordern?
In Jena sollen auch die Zimmer von acht-, 13- und 16-jährigen Kindern gestürmt worden sein.
Das nenne ich mal Präventivarbeit. Einfach stürmen, bevor die Verbrechen begehen können, um Abzuschrecken. Genial!
In Leipzig habe die Polizei nicht beschuldigten Bewohner*innen Handschellen angelegt.
Jeder in Leipzig-Ost ist erstmal potenzieller Linksterrorist, bis das Gegenteil bewiesen wird
Die »Fesselungsdauer« haben die Behörden offenbar deutlich kürzer angegeben als die Betroffenen:
Waaaaaas?
In Anfragen der Linke-Landtagsabgeordneten Juliane Nagel [1 | 2] schreibt das sächsische Innenministerium etwa in einem Fall von fünf Minuten, während die beiden Betroffenen von mindestens 40 Minuten berichten.
Ach 5 Minuten, 40 Minuten was macht das schon für einen Unterschied? Gute Arbeit seitens der Polizei. Wie können die es auch wagen, im selben Haus, wie Verdächtigte Linksradikale zu wohnen?
»Hier ist jedes Maß und jede Rechtsstaatlichkeit verloren gegangen«, sagt Nagel »nd«. Eine Hausdurchsuchung sei grundsätzlich schon ein Grundrechtseingriff, der gut begründet sein müsse.
Die Maßnahmen seien aber »eilig aufgrund vager Vermutungen von einem Richter erlaubt« worden, kritisiert die Abgeordnete. Dies werfe ein schlechtes Licht auf die Unabhängigkeit der Justiz.
In einem der Objekte, der Eichendorffstraße, sei im März 2023 zudem eine offenbar von der Polizei installierte Observationskamera gefunden worden – derartige Technik verstecken die sächsischen Behörden auch in geparkten Fahrzeugen.
Wo war nochmal der Unterschied zur Stasi? Also abgesehen davon, dass die Stasi kompetent war.
Die Razzien im Budapest-Komplex in Connewitz sind bei weitem nicht die einzigen in dem Leipziger Viertel. Eine antifaschistische Gruppe will dazu ermittelt haben, dass von Anfang 2020 bis April 2024 mindestens 81 Hausdurchsuchungen durchgeführt wurden.
Man muss ja in Übung bleiben und wer eignet sich da besser zum üben, als ein paar Linke?
https://www.klassegegenklasse.org/polizei-uebt-mit-schuelerinnen-gewalt-gegen-linke/
Im Fall der Ermittlungen zum »Tag der Ehre« sollen den Recherchen zufolge mindestens sieben Betroffene aus ihren alten Wohnungen ausgezogen sein, da sie sich dort nach Repressionsmaßnahmen nicht mehr sicher gefühlt hätten.
Finde ich gut, wie die Polizei die Dinge hier selbst in die Hand nimmt und dem Immobilienmarkt neue Objekte zur Verfügung stellt
Mehrere von ihnen berichteten über psychische Folgewirkungen, darunter Schlafstörungen, Schreckhaftigkeit und Unsicherheit gegenüber der Polizei.