[…] »Wenn etwas nach Moral aussieht, aber nur dem Statusspiel dient, handelt es sich um ein Moralspektakel«, schreibt Hübl – und streut damit Salz in die offenen Wunden unserer digitalen Mediengesellschaft. Denn die eigene moralische Integrität und Gesinnung nach außen zu kehren, ist gerade in der Onlinekommunikation nicht nur billig zu haben, es ist auch ein formidables Mittel, um Zuspruch zu generieren und missliebige Ansichten aus der Diskursarena auszugrenzen. […]

  • ormr@lemm.ee
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    5 months ago

    Ich gendere auch regelmäßig, in Sprache & Schrift. Es gibt aber mMn keine Alternative dazu das jedem Menschen selbst zu überlassen. Mag ja sein dass eine als ungerecht empfundene Sprache Menschen schadet (einzelne Studien machen noch keine unumstößlichen Fakten), aber sie wird sich einfach nur langsam ändern. Und deshalb halte ich auch ein Nachdenken darüber welches entgendern nun das beste sei für lächerlich, weil es an jeglicher Realität vorbei geht.

    Was mich stört an all deinen Beiträgen (und da ist ja viel richtiges dabei) sind diese unsäglichen Pauschalisierungen: “da sind cis Männer noch nicht drauf angesprungen”, “das fällt [den Männern] schwer, deshalb jammern die so rum”, etc. pp.

    Sorry, ich kann zwar die Frustration der solche Bemerkungen entspringen nachvollziehen, das macht es aber nicht besser oder akzeptabler. Sondern es ist mMn nichts weiter als ein den-Spieß-umdrehen und eben schlechte Diskurse befeuern. Und sowas wird immer ein Bärendienst sein für Gleichberechtigung und Freiheit.

    • flora_explora@beehaw.org
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      5 months ago

      In der deutschen Sprache gendern sicherlich >99% der Menschen ständig. Und zwar der Großteil im generischen maskulinum. Und was willst du mehr, als dass die Wissenschaft sagt, dass es Menschen schadet und sie benachteiligt? So eine Umsetzung von Regeln ist natürlich immer eine Frage des Nutzens gegen den Schaden aufgerechnet. Kennen wir ja von der Maskenpflicht oder von klimaschonenden Maßnahmen. Nur, was Menschen zuzumuten ist, kann auch umgesetzt werden. Sprache ein wenig anzupassen ist wirklich ziemlich leicht, wenn man es nur probiert. Und selbst dann, wo sind die Menschen, die dich dafür bestrafen, wenn du nicht gendergerechte Sprache verwendest? Richtig, nirgendwo. Denn das ganze ist ein von rechts aufgeblasenes Aufregethema, um Menschen zu fangen. Und mitunter ist ja jetzt gendergerechte Sprache in einigen Bundesländern verboten. Aber zeig mir mal, wo das Menschen massenweise aufgezwungen wird. Im Behörden vielleicht, wo ja aber die Behördensprache angepasst wird, nicht die private Sprache der dort arbeitenden. Und wenn du in ner Behörde arbeitest, musst du dich ja eh zig tausenden sprachlichen Regeln unterwerfen.

      Ja, sorry für die Pauschalisierungen. Ich bin sicherlich nicht die geeignete Person für so eine Diskussion, ich bin tatsächlich sehr genervt, verletzt und wütend. Denn ich krieg die Diskriminierung am Ende halt tagtäglich ab, über die wir hier gerade theoretisch sprechen. Und das kostet so viel Energie, da ist es schwer, anderen, die sich mit diesen Themen nicht auskennen, das geduldig beizubringen.

      Und ich halte aber weiterhin an diesen “Pauschalisierungen” fest. Denn was ist es denn sonst, was wir beobachten? Cis Männer sind höchst unzufrieden heutzutage, weil klassische Männlichkeitsbilder in der Krise sind und bei Frauen (und anderen Geschlechtern) nicht mehr so gut ankommen. Also werden Männer haufenweise incels oder versuchen anderweitig, ihre Männlichkeit zu retten. Und nur die wenigsten kommen auf die Idee, ihre Männlichkeit kritisch zu reflektieren und möglichst ganz abzulegen. Selbst in linken Kreisen gibt es so viele Macker, es ist echt frustrierend. Es gibt auch Studien dazu, dass in “emanzipierten”, linken Heteropaaren die Männer viel weniger Sorge- und Reproduktionsarbeit leisten, als ihre Partnerinnen. Wenn dann die Partnerin auch noch einen Job hat, dann hat sie am ende sogar mehr Arbeit zu erledigen als Frauen nach traditionellem Bild. Und genau da kommen wir hin, wenn wir nicht cis Männer scharf für ihr Verhalten und ihre Trägheit kritisieren. Dann können sie sich in der Vorstellung ausruhen, ja schon feministisch zu sein.

      Eigentlich genau das, worum es in dem Buch auch hätte gehen können. Die eigene Doppelmoral. Sich selbst als feministisch wahrnehmen, aber dann doch die Frau lieber putzen und auf die Kinder aufpassen lassen. Tiere töten schlecht finden, aber trotzdem Fleisch essen. Klima retten wollen, aber die Klimakleber nerven dann doch. Zu viele Menschen ruhen sich in diesem vermeintlich normalen, neutralen Zustand aus. So wie dieser Autor, der auch eine große Doppelmoral lebt. Zwar Menschen kritisieren, die angeblich nur wegen sozialen Status ethische Schritte fordern, aber selber den unmoralischen Status quo nutzen, um sich als kluger Philosoph über die Debatte zu stellen.