Am Montag ziehe ich mit meiner Familie von Berlin nach Stendal. Damit kommen meine Frau und ich nach 16 Jahren, in denen ich in München, Venedig, Brüssel und Berlin (und sie ausschließlich in Berlin) gelebt habe, zurück nach Sachsen-Anhalt. Es ist anzunehmen, dass es ein anderes Land ist als jenes, das wir 2006 verlassen habe.
Mich würde interessieren, wie ihr die Entwicklung der letzten Jahre beziehungsweise die aktuelle Situation des Landes wahrnehmt und ob – ich vermute dass das für eure persönliche Meinungsbildung relevant ist – ihr woanders lebt, zurückgekommen seid oder nie weg wart. Über eine offene Diskussion würde ich mich sehr freuen. 😀
Hier sind leider nur 6 Leute subscribed und ich leb gar nicht in Sachsen-Anhalt :(
Viel Erfolg trotzdem von mir!
Vielen Dank. Ich freue mich aber auch über nur oder zwei Antworten.
Willkommen zurück! Wie kam es denn dazu, dass nach so aufregenden Stationen jetzt wieder in das verschlafene Sachsen-Anhalt geht?
Die Entwicklung finde ich schwierig zu beurteilen, da ich bisher mein gesamtes Leben verbracht habe und mir somit der Vergleich fehlt. Insgesamt findet eine Modernisierung außerhalb der Ballungszentren Magdeburg und Halle nur langsam statt. Unabhängige Läden in den Dörfern und Kleinstädten werden seltener, zu Gunsten des Online-Handels und Ketten/Discountern; in den meisten umliegenden Dörfern ist man auf das Auto angewiesen.
Die Großstädte hingegen sind moderner und vielfältiger geworden. Ich habe den Eindruck, dass man in MD eigentlich alles findet, von Bioläden über Kultur- und Sportstätten bis hin zu einer Vielzahl an Restaurants oder Clubs.
Was halt weiterhin fehlt sind Hauptsitze von größeren Unternehmen oder überhaupt signifikante Zweigstellen. Als angehender ITler finde ich das Arbeitsangebot sehr mager, wenn man nicht gerade auf 08/15-Webentwicklung steht. Die (wahrscheinliche) Ansiedlung des Intel-Werks könnte durchaus positives bewirken und mehr Unternehmen anlocken, die auch etwas spannendes bieten.
Um noch kurz Gesellschaft&Politik anzusprechen: es ist kompliziert. Haseloff leistet als Landesvater keine schlechten Dienste. Trotz Tendenzen in der Bevölkerung und der eigenen Fraktion konnte er sich als Brandmauer gegen Rechts behaupten. Aber als Pragmatiker fehlen Vision und Mut zu Veränderungen.
Aber ich bin vermutlich etwas zu pessimistisch in meiner Einschätzung und wäre durchaus an anderen Meinungen interessiert :)
Vielen Dank für deine Antwort. Und zu deiner Frage: Meine Frau und ich haben in den letzten zwei Jahren zwei Kinder bekommen und es ist blöd mitanzusehen, dass die beiden so selten den Rest der Familie treffen, was zum einen an Corona, aber eben auch an rund zweieinhalb Stunden Fahrt vom Osten Berlins nach Magdeburg liegt. Da ich schon länger aus Berlin rausziehen wollte und wir dann auch noch ein Angebot bekommen haben, aus unserem Mietvertrag rausgekauft zu werden (damit sie leichter die Wohnung sanieren und verkaufen können), haben wir die Chance jetzt genutzt. Wir wollten schnell in Magdeburg und schnell in Berlin sein können, Stendal bot sich da an. Ich kenne die Stadt und die Altmark noch aus meiner Kindheit, da meine Familie ursprünglich von da kommt.
Deinen Eindruck von der Entwicklung in den Großstädten und den kleineren Orten kann ich anekdotenhaft nachvollziehen. Aber es gibt meines Erachtens auch Lichtblicke, vor allem was das gastronomische und auch kulturelle Angebot angeht. Wernigerode hat mich positiv überrascht und Stendal hat inzwischen ein paar wirkliche Leuchttürme, was das angeht. In den Punkten hat sie Stadt mehr Lebensqualität als beispielsweise größere Städte wie Cottbus oder Frankfurt (Oder) zu bieten. Es ist aber noch viel zu tun, sicherlich auch was Arbeitsstellen vor Ort angeht, aber auch im Bereich Mobilität und öffentliche Infrastruktur. Trotzdem scheint Stendal, auch bei anderen Zugezogenen aus Berlin, inzwischen sehr beliebt zu sein. Weniger als 2 Prozent Leerstand sprechen für sich.
Haseloff sehe ich ebenfalls sehr differenziert. Er vertritt in seiner Art nicht gerade meinen Gestaltungsanspruch an die Politik, aber es würde um seine Partei ohne ihn schlimmer stehen. Ich würde mir eine andere Landespolitik wünschen, aber er ist sicher besser als andere von der Union.
na gut, wie es oben ins Stendal aussieht, kann ich nicht beurteilen. Ich wohne im Landkreis WB und da ist es quasi ähnlich gebleiben. Hier ist es ehr Ländlich und leider sind hier auch reichlich Deppen und Leerdenker die gegen die Diktatur “kämpfen” Arbeitsmäßig werden hier mehr Ahndwerk gefragt, es fehlt an passenden Nachwuchs in alle n Bereichen und da auch mit dem nötigen Wissen und Können. Da ist über lange Jahre nichts passiert. Ähnlich sieht es mit fehlenden LehrerInnen und Bildung allgemein aus, da werden eher Fächer und Inhalte gestrichen, bevor man zugibt, das LehrerInnen fehlen. Das macht mich schon ein wenig sauer.
Das kann ich nachvollziehen. Noch mag ich kein finales Urteil über Stendal und die Altmark zu haben, aber ich ahne, dass die Probleme hier ähnlich sind. Dass es dich sauer macht, ist ja kein schönes Zeichen. Wie sorgst du dafür, dass es dir trotz dieser Situation mental gut geht?