Diesen Text wollte ich mit euch teilen, weil mich interessiert, wie eure Einstellung zu KI-generierten Zeitungsartikeln ist. Ich würde diese aus Prinzip nicht lesen, da diese für mich keinen Mehrwert bieten. Darum finde ich es den Lesern gegenüber unverschämt, wenn man einen “echt” wirkenden Autorennamen (sogar mit menschlichem Bild!) an den Artikel anhängt, anstelle ehrlich zu sein mit “Quelle: ChatGPT” und ein Bild einer Platine o.ä.

Volltext:

Sie braucht keinen Schlaf: Beim Kölner „Express“ arbeitet eine neue Kollegin. Sie ist ungeheuer fleißig. Ihre Texte sind allerdings mit größter Vorsicht zu genießen.

Dürfen wir Ihnen die Journalistin des Monats, ach was – lassen Sie uns doch gleich Wochenzeitungssuperlative gebrauchen –, des Jahrhunderts vorstellen? Klara Indernach, bitte sehr. Sie arbeitet beim Kölner Boulevardblatt „Express“, sie hat nie schlechte Laune, braucht keinen Schlaf, kein Koffein – ihre bewusstseinserweiternde Droge ist Text – und, das Beste: Lohn braucht sie auch nicht.

Nein, die Neue beim Kölner „Express“ ist keine Praktikantin, sondern vollwertiges Mitglied der Redaktion. Und als eine Art „Digital Native“ ein echtes Arbeitstier. Allein am Dienstag erschienen von ihr dreizehn Texte, der erste um 7.45 Uhr, der letzte um 23.52 Uhr. Sie schreibt über Sport, Gesundheit, Verbrechen, Köln und Umland, Prominente, Trash-TV, Verkehr, aber auch über Nachhaltigkeit.

Ein besonderes Händchen hat sie für Hammer-Schlagzeilen: „Und das schon seit Jahren / Rachel stillt ihren Ehemann (30) viermal täglich“; „Steuert Sylt auf Notstand zu? / Feuerwehr gibt Menschen Anweisungen für Brandfall: ‚Viel Erfolg‘“; „Fuß ihres Babys schaute bereits heraus / Teenagerin bemerkt Schwangerschaft erst kurz vor der Geburt“. Ist Frau Indernach eine Zeitreisende?

Kleines Manko: Ihre Texte fesseln den Leser vermutlich nicht so sehr, dass er sie bis zum Ende liest. Das müsste er aber, um das finstere Geheimnis der neuen „Express“-Kollegin zu erfahren: Frau Indernach ist eine Zeitreisende, die immer wieder in denselben Arbeitstag zurückreist, um den Clickbait-Artikelausstoß des Blattes signifikant in die Höhe zu treiben. Kleiner Scherz, Frau Indernach ist keine Frau, zumindest nicht im biologischen Sinne, auch kein Mensch. Am Ende ihrer Texte findet sich folgender Hinweis: „Dieser Text wurde mit Hilfe Künstlicher Intelligenz erstellt.“

Das Programm Frau Indernach schreibt nicht, es „erstellt“. Das ist ernüchternd. Der Blick aufs Autorenprofil verrät: „Klara Indernach ist der Name für Texte, die wir mit Hilfe Künstlicher Intelligenz erstellen. Wenn Artikel zu einem großen Teil mit Hilfe von KI generiert wurden, markieren wir sie entsprechend.“ Aber wer ist diese sympathische blonde Frau, die uns vom Autorinnenfoto entgegenlächelt? „Das Profilfoto wurde mit Hilfe von Midjourney (A. d. R.: ein durch Künstliche Intelligenz unterstützter Bildgenerator) erstellt.“

Was tröstet uns Journalisten an dieser Geschichte, in der K.I. für vieles stehen kann (kluges Investment, kalte Ignoranz oder Kölner Irrweg)? Allenfalls, dass mit der Erstellung von Texten mit Titeln wie „Deutlich gezeichnet / Ging ,Knossi‘ in Kanada durch die Hölle? Erstes Statement nach Überlebenskampf“ kein menschliches Gehirn mehr belästigt wurde. Traurig bleibt, dass es einer steigenden Zahl an Lesern egal sein wird.

  • DrunkenPirate@feddit.de
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    1 year ago

    Ich finde das gut. Nein ganz im Ernst. Ich finde es gut für einige Anwendungsfälle:

    • Regionalsport, denn da fährt kein Reporter mehr hin und schreibt das anschließend auf
    • Wetter
    • Börse
    • Rathaus und Gemeindenews
    • Neuigkeiten aus dem Viertel

    Also alles Texte, die eine kleine Reichweite haben und unter die Rubrik „es könnte jemand mal lesen, aber nicht sehr oft“ Einweg-Wegwerf-Texte.

    Alles wo mit Recherche, Hintergrundwissen, Einordnendes oder Kommentare, dann eher nicht. Ob die freie Zeit der Journalisten, dann auch für mehr qualitativen Journalismus eingesetzt wird, ist eine Gedchäftsfrage des Verlages. Vermutlich nicht. Ist aber nicht weiter schlimm, denn ein paar Jahre weitergedacht hat jeder seinen persönlichen KI- Journalisten, der maßgeschneiderte News schreibt. Dann ist der Verlag eh weg und pleite. Journalisten werden vermutlich in Eigenverlagen ihre News digital verkaufen.

    • taladar@feddit.de
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      1 year ago

      Die genannten Kategorien kann man aber auch leicht einfach von der Quelle übernehmen. Die Artikel zu den Konzerten des Chors meiner Mutter z.B. schreibt schon lange einfach ein Chor-Mitglied und schickt sie an die Zeitungen.

    • Spzi@lemm.ee
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      1 year ago

      Bin grundsätzlich bei dir. Allerdings:

      Alles wo mit Recherche, Hintergrundwissen, Einordnendes oder Kommentare, dann eher nicht.

      Da habe ich sofort an Rathaus und Gemeindenews gedacht, Politik eben. Kurz gefolgt von Neuigkeiten aus dem Viertel. Beides Themen, wo mit Framing (oder dessen Unterlassung) ein bestimmtes Bild erzeugt (oder vermieden) werden kann.

      Beispiel Andy Grothe. Man hätte schlicht berichten können, dass er in Sorge um unsere Gesundheit feiernde Menschen zu mehr Umsicht aufruft. Ohne den Kontext, dass er selbst unter Mißachtung von Corona-Auflagen gefeiert hat, wäre da gar nicht erkennbar gewesen, dass er so 1 Pimmel ist.

      Je länger ich suche, desto mehr fällt mir ein. Börse und Wetter, sind ebenfalls mit Politik verknüpft, und können relevanten Kontext haben, der Einordnung bedarf.

      Und beim Sport schreibst du in einem späteren Kommentar selber:

      was gerade die Liga so spannend macht mit zwei Rivalen auf den obersten Plätzen


      Aber vielleicht hast du genau die Lösung gemeint; als default KI-Texte, und in besonders interessanten Kontexten menschliche Zuarbeit.

      • DrunkenPirate@feddit.de
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        1 year ago

        Ich habe ja auch keine Ahnung, wie sich das entwickeln wird. Ist ja nicht alles schlecht.

        Mir fällt grade ein, die Stärken von LLMs sind auch das Zusammenfassen von langen und langweiligen Texten in kurz und verständlicher, einfacher Sprache. Marke „Übersetze die Scholzrede in einfache Sätze und einfache Wörter mit maximal 300 Wörtern.“