Hallo liebe Lemminge! Bisher finde ich unsere Diskussionskultur auf dieser Plattform hervorragend. Damit das so bleibt, möchte ich ein paar Gedanken teilen.
Was mir an Reddit gefiel, war die Richtschnur zu Up- und Downvotes. Upvotes sollten für alle Inhalte gegeben werden, die zur Diskussion beitragen. Für mich heißt das, dass der Beitrag nicht unbedingt meine Meinung teilen muss, ja sogar gegensätzlich sein kann! Für mich persönlich möchte ich das gerne beibehalten und andere Kommentare daran messen.
Eine weitere Werkzeug für fruchtbare Diskussionen habe ich in Karl Poppers Kommunikationsregeln gefunden:
Popper’sche Kommunikationsregeln
- Jeder Mensch hat das Recht auf die wohlwollende Auslegung seiner Worte.
- Wer andere zu verstehen sucht, dem soll niemand unterstellen, er billige schon deshalb ihr Verhalten.
- Zum Recht ausreden zu dürfen, gehört die Pflicht, sich kurz zu fassen.
- Jeder soll im Voraus sagen, unter welchen Umständen er bereit wäre, sich überzeugen zu lassen.
- Wie immer man die Worte wählt, ist nicht sehr wichtig. Es kommt darauf an, verstanden zu werden.
- Man soll niemanden beim Wort nehmen, wohl aber das ernst nehmen, was er gemeint hat.
- Es soll nie um Worte gestritten werden, sondern um die Probleme, die dahinterstehen.
- Kritik muss immer konkret sein.
- Niemand ist ernst zu nehmen, der sich gegen Kritik immunisiert hat.
- Man soll einen Unterschied machen zwischen Polemik, die das Gesagte umdeutet, und Kritik, die den anderen zu verstehen sucht.
- Kritik soll man nicht ablehnen, auch nicht nur ertragen, sondern man soll sie suchen.
- Jede Kritik ist ernst zu nehmen, selbst die in böser Absicht vorgebrachte: Denn die Entdeckung eines Fehlers kann uns nur nützlich sein.
Quelle: Hans-Joachim Niemann in Aufklärung und Kritik, Nr. 1 (1994), S. 119
Was haltet ihr davon?
Ich habe mir mittlerweile eine Grundregel hinter die Ohren geschrieben:
“Unterstelle niemals Boshaftigkeit bei Dingen, die du auch mit Dummheit erklären könntest.”
ansonsten sei noch gesagt: Kritik ist stets negativ konnotiert. Feedback ist da schon etwas positiver. Wichtig ist dabei natürlich, dass man dieses dem Gegenüber nicht aufzwingen sollte. Jeder sollte auch das Recht haben, zu sagen “ich will über dieses Thema bzw. meine Meinung gerade nicht diskutieren”. Klar, ist auch diskussionswürdig, aber manche Leute wollen vielleicht keine Endlosdiskussion losbrechen. Das sollte man durchaus auch hinnehmen können.
Hanlon’s Razor funktioniert für Freunde, aber nicht im weiteren Kontext. Nazis (zumindest die höherrangigen) sind nicht einfach nur dumm.
Dummheit und Boshaftigkeit schließen sich nicht gegenseitig aus.
Klingt für mich vernünftig und sollte auf jeden Fall für alle Arten von Diskussionen gelten, nicht nur auf feddit. Was ich mir gerne im speziellen wünschen würde (was zu deinem Kommentar mit Up- und Downvote passt) und bei Reddit mir zunehmend auf die Nerven ging: Die Pseudokommentare wie “Tja…”, “AchBerlin.txt”, “Nein…doch…oh”, “Der Angriff Steiner (oder XY) war ein Befehl…”. Sowas ist zwar mal ganz witzig, stört mich aber auf Dauer bei jeglichen, eingereichten Posts weil es einfach null Mehrwert bietet. Wenn man den Bereich nach “Bestbewertet” ordnet sind diese trotzdem meist oben zu finden und schreckt mich eher ab als aktiver mitzudiskutieren. Vielleicht eher weniger als feste Regel, würde mir wünschen dass wir hier auf feddit mehr Diskussion mit Inhalt haben anstatt den ständigen Circlejerk und die User sich das etwas mehr zu Herzen nehmen würden.
Ich fürchte, wenn die Plattform eine bestimmte Größe überschreitet, lässt sich das nicht verhindern.
Memes wollen sich weiterverbreiten.
Oder ständig dieses “Surprised Pikachu” Zeug, oder Kommentare in dem Ton, weil ja immer alles so offensichtlich ist.
Ich halte nicht viel von Reddits Upvotesystem, das wird früher oder später immer zum Verstecken unbeliebter Meinungen verwendet, egal wie sehr man sich um die Diskussionskultur bemüht.
Ich weiß nicht wie sehr das schon im Souececode verankert ist, aber besser wäre es die Upvotes zu belassen, aber ihnen keine Gewichtung im Ranking zu geben. Zusätzlich kann jeder User einmal pro Tag ein “Prädikat Wertvoll” auf einem Post und einem Kommentar lassen.
Die Gewichtung wird hier anders berechnet. Das hat zur Folge, das auch späteren Kommentaren eine höhere Sichtbarkeit zukommt. Man muss nicht der erste sein, damit man an der Diskussion teilnehmen kann. Weiterhin wird hier eher nach Kommentaraktivität sortiert. Die höchsten Beitrage in meinem Aktivitätenstrom haben mehr Kommentare als Abstimmungen.
Ich würde mir wünschen, dass Lemmy neben Up- und Downvotes noch eine dritte Option böte. Etwas in der Richtung: “Danke für deinen Beitrag zur Diskussion, aber ich stimme mit deiner Meinung nicht überein, bzw. halte deinen Lösungsvorschlag X für das im Post angesprochene Problem Y für falsch”. Das würde es erlauben Downvotes nur für Kommentare zu verwenden, die die Kommunikationsregeln verletzen. Man findet leider oft Kommentare mit vielen Downvotes, nur weil der Kommentator etwas uninformiert war. Ich denke durch ein System, das nur Up- und Downvotes anbietet, wird die Hürde zum Kommentieren ziemlich groß. Vielen Leute halten sich dann zurück, wenn sie zu einem Thema nicht 100% sicher sind, aus Angst, dass es Downvotes hagelt.
Vielen Leute halten sich dann zurück, wenn sie zu einem Thema nicht 100% sicher sind, aus Angst, dass es Downvotes hagelt.
Gerade auf Reddit, wo populäre Fäden gerne mal 10000 Kommentare haben, ist das nicht unbedingt etwas schlechtes. Problematisch wird es, wenn zu viele Unterforen zu Echokammern werden, die schon kleine Abweichungen vom Mainstream mit starker Ablehnung beantworten.
Ich seh die Votes tatsächlich etwas liberaler. Auf Reddit hat man permanente negative Wirkungen von Downvotes, nämlich das Karma.
Karma gibt es hier nicht (auch wenn ich das etwas schade finde). Die negativen Auswirkungen (schlechter Score, verringerte Sichtbarkeit) bleiben auf den Post/Comment beschränkt.
Konkret hat der Downvote also zwei Auswirkungen: Leute sehen, dass der Post/Comment nicht gut ankommt, und der Post/Comment wird unsichtbarer.
In diesem Kontext finde ich es nicht falsch, insbesondere ungute Umgangsformen sowie schlechten Diskussionsstil runter zu wählen.
Wenn mein Gegenüber ernsthaft, in good faith (sorry, bin zu müde mir um ein deutsches Äquivalent auszudenken) eine nicht völlig idiotische Meinung vertritt, die ich nicht teile, und dann auch noch in einem sinnvollen, respektvollen Umgang diese Meinung vertritt, dann geb ich gern auch ein Upvote her.
Wenn das aber nicht so ist, dann finde ich ein Downvote durchaus auch akzeptabel.
Man muss ja auch die Kirche im Dorf lassen: ein Downvote hat keinerlei nennenswerte negativen Auswirkungen, da muss man sich nicht davor fürchten.
Finde ich gut. Ich möchte noch eine Sache ergänzen, die mir wichtig erscheint. In den letzten Jahren greift immer mehr eine Emörungskultur um sich. Auch dann, wenn ein Kommentar mal nicht eindeutig ist, wird er oft so ausgelegt, dass man sich dann empören kann.
Ich würde mir wünschen, dass man im Zweifelsfall einfach mal nachfragt (“hey, hast du das wirklich gerade so und so gemeint?”), denn bei Textkommunikation geht zwangsläufig immer etwas Kontext verloren. So lassen sich unnötige (emotionale) Streitigkeiten etwas besser vermeiden.
Ich denke, das ist mit
Jeder hat das Recht auf die wohlwollende Auslegung seiner Worte.
gemeint.
Ja, da beißt sich leider das Medium selbst in den Schwanz. Reddit/Lemmy eignet sich nur beschränkt für ellenlange Diskussionen und durch die asynchrone Kommunikation kann eine Anwort lange auf sich warten lassen. Somit ist natürlich annehmen einfacher und schneller als nachfragen.
Ich halte davon, dass das irgendwer mal 1994 gesagt hat und ich wenn ich irgendwelche Dinge aus 1994 haben will ich mit meinem Vater über seinen betrieb spreche.
Diskussionskultur kann man nicht pflanzen, sie entwickelt sich an der userbasis. Wenn lassmich so groß wird wie lases wird auch die diskussionskultur von lases folgen.
Erst recht, da die leute die von lases kommen versprochen bekommen haben, dass lassmich genau so ist wie lases.
Kollege, du bringst meinen Zangendeutschentferner durcheinander.
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Lases = Reddit
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Lasses = Reddit für Leute, die den CEO nicht mögen
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Lassmich = Lemmy für Leute, die nicht wissen, woher der Name Lemmy kommt
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Lemmi = Lemmy für Leute, die schon wissen, wo der Name her kommt
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Und alle vier: Für Leute, denen es wichtiger ist, einen 10 Jahre alten Witz richtig totzutreten als verstanden zu werden.
Oder wie ein großer Philosoph einst gesagt hat: Konsequenz ist auch Holzwege zuende gehen.
Ich mach das nur um gegen den anderen meta thread anzuwirken. Den mit “lasst uns doch bitte alle reddit schreiben hurr durr”
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Die Aussagen Poppers am Jahr des zitierten Buchs festzumachen, ist vielleicht etwas zu kurz gedacht. Ich denke es gibt einige Gedanken zum Menschen, die zeitlich unabhängig sind. Popper hat sich ziemlich intensiv mit der Basis der Wissenschaft auseinandergesetzt und auch damit,
„… wie wissenschaftliche oder gesellschaftliche (aber prinzipiell auch alltägliche) Probleme undogmatisch, planmäßig (‚methodisch‘) und vernünftig (‚rational‘) untersucht und geklärt werden können. Dabei sucht er nach einem Ausweg aus der Wahl zwischen Wissenschaftsgläubigkeit (Szientismus) und der Auffassung, dass wissenschaftliches Wissen auf positiven Befunden aufbauen muss (Positivismus) auf der einen Seite sowie andererseits dem Standpunkt, dass Wahrheit vom Blickwinkel abhängig ist (Relativismus) und dass Wissen der Willkür preisgegeben ist, wenn Beweise unmöglich sind (Wahrheitsskeptizismus).
Okay und in hochdeutsch? Glaubst du auch, dass jeder Mensch einfach nihilistisch agieren müsste, damit alle Probleme der Welt gelöst sind?
Diksussionskultur zu erwarten oder gar vorzuschreiben wird dir nicht das ergebnis bringen, welches du dir wünscht. Das sieht man schön an all den Deutschen Foren. Versich da mal einfach nur eine normale diskussion zu starten.
Nein, ich denke nicht, dass Nihilismus die Antwort ist. Ich denke das Leben kann einen Sinn haben und dass wir diesen Sinn für uns selber finden müssen, basierend auf unserem Wertesystem.
Und ich erwarte auch keine Diskussionskultur oder schreibe sie vor. Die oben genannten Regeln habe ich gepostet, weil ich denke, dass sie helfen uns in einer Diskussion gegenseitig besser zu verstehen und voneinander zu lernen.
Ich denke, wenn sich nur einige daran halten, können (Online-)Diskussionen besser werden. Das sieht man auch recht gut an unserer Diskussion, finde ich.
Jeder Mensch hat das Recht auf die wohlwollende Auslegung seiner Worte.
Zumindest beim ersten Gespräch.
Wer andere zu verstehen sucht, dem soll niemand unterstellen, er billige schon deshalb ihr Verhalten.
Richtig.
Zum Recht ausreden zu dürfen, gehört die Pflicht, sich kurz zu fassen.
Klingt unnötig strikt. Lass mich doch einen Roman schreiben wenn ich will.
Jeder soll im Voraus sagen, unter welchen Umständen er bereit wäre, sich überzeugen zu lassen.
Klingt überzogen. In manchen Situationen macht das vielleicht Sinn, aber das bei jedem Thema zu machen wäre overkill.
Wie immer man die Worte wählt, ist nicht sehr wichtig. Es kommt darauf an, verstanden zu werden.
Generell richtig.
Man soll niemanden beim Wort nehmen, wohl aber das ernst nehmen, was er gemeint hat.
Was?
Es soll nie um Worte gestritten werden, sondern um die Probleme, die dahinterstehen.
Sehe ich nicht so. Es muss klar sein worüber man spricht. Wortwahl ist schon wichtig.
Kritik muss immer konkret sein.
Richtig. Vage Kritik aller “voll doof” ist selten zielführend.
Niemand ist ernst zu nehmen, der sich gegen Kritik immunisiert hat.
Klingt nicht relevant für unseren Anwendungsfall.
Man soll einen Unterschied machen zwischen Polemik, die das Gesagte umdeutet, und Kritik, die den anderen zu verstehen sucht.
Ja sowas von. Es gibt kaum etwas nervigeres als Leute in Foren die einen kritisieren aufgrund von etwas was man nie in der Form gesagt hat. Ich persönlich finde Nutzer falsch zu zitieren und ähnliche Handlungen sollten einen Ban nach sich ziehen. Und derartige Kommentare sollten gelöscht werden.
Kritik soll man nicht ablehnen, auch nicht nur ertragen, sondern man soll sie suchen.
Ümm, ok.
Jede Kritik ist ernst zu nehmen, selbst die in böser Absicht vorgebrachte: Denn die Entdeckung eines Fehlers kann uns nur nützlich sein.
Klingt vernünftig.
Man soll niemanden beim Wort nehmen, wohl aber das ernst nehmen, was er gemeint hat.
Was?
Kennst das nicht? Beim Wort nehmen bedeutet ja exakt nach der Wortwahl zu gehen aber den Kontext zu ignorieren.
Wenn ich jetzt schreiben würde: “Er schaut sich die Radieschen von unten an” ist das ein Euphemismus mit dem Kontext dass derjenige verstorben ist. Falsch, nach Poppler, müsstest du jetzt über den Unsinn reden wie sinnfrei es ist Radieschen von unten zu betrachten, das wäre ja nach der Ernte auch möglich. Anstatt bei der Tatsache zu bleiben, dass es um einen Verstorben geht.
Ich habe bewusst mit einem Stilmittel überzogen, da mir kein alltagsbeispiel eingefallen ist.
Sehr gute Vorschläge. Ich denke, wir sollten diese Gedanken auch direkt in die community info einfügen, damit es dort für alle Neuen sichtbar ist. Oder direkt ein entsprechenden Post anpinnen.
Klar! Gerne.
Finde ich gut, werd versuchen mehr darauf zu achten. Geht ja so ein bisschen Richtung konfliktfreie Kommunikation.
Absolute Zustimmung. Ich finde auch, dass Downvotes nur in zwei Situationen verwendet werden soll: Wenn der Kommentar nicht zur Diskussion beiträgt oder wenn derjenige sich im Ton vergriffen hat.
Leider musste ich hier auch schon feststellen, dass der Downvote-Button auch als einfacher Widerspruch verwendet wird, was ich sehr schade finde.
Volle Zustimmung. Ich interpretiere die Up- und Downvotes als “Lesenswert” und “Nicht lesenswert”.