Kommt meine Menschen, kommt zu mir ans Lagerfeuer. Ich erzähle euch eine Geschichte, älter als dieses Dorf und auch älter als eure Hütten und Häuser, die ihr hier errichtet habt, als ihr zu dieser Welt gestoßen seid. Du und ich kommen in ihr vor, denn wir sind Teil von ihr, auch wenn die Geschichte nicht jedes einzelne Wesen nennt, nicht all die hunderten und tausenden, von welchen sie geschrieben wurde. Intergalaktische Individuen haben sich hier versammelt, um aus den Ruinen der alten Welt Neues zu schaffen, Stein auf Stein. Mit jedem Sonnenaufgang erblickt die Sonne mehr der neuen Schönheit, mit jedem Anbruch der Nacht schenkt das silberne Mondlicht neuem seine dunkle Geborgenheit. Doch mit dem Aufbau begann es nicht, vor jedem Aufbau liegt ein Niedergang, so hat es die Natur entschieden.

Alles begann am dritten Tag des vierten Monates im Jahr 2024, als über Nacht die alte Welt ausgelöscht wurde. Das Universum war und ist an vielen Stellen böse, von Neid, Trug und Zorn befallen, in diesem Umfeld wuchs auch ich auf. Die Galaxie war und ist ein Zufluchtspunkt, in ihr fanden einige Reisende aus dem Universum jene alte Welt, andere waren über die Galaxie verstreut. Jeder der Planeten in der Galxie hatte eine Zivilisation mit mehreren Dörfern oder sogar Städten, je nach Zahl der in ihnen lebenden. Der alte Planet ist im Übrigen dem unseren nicht fern, so liegen keine drei Wimpernschläge zwischen uns und ihm, wenn die Reisegeschwindigkeit es zulässt. Er bestand schon seit langer Zeit, viele tausend Menschen fanden nicht nur Unterschlupf vor einem bösen Universum dort, sie fanden ein Heim, einen festen Ort in ihrem Leben. Etwas, das sie zuhause nennen konnten. Dort gingen sie aus und ein, mit jedem fremden Verstand, wenn auch nur auf der Durchreise, kam eine neue Ideenwelt und mit jeder neuen Idee, jedem neuen Wesen, gewann ihr Zuhause an Schönheit und Lebensglanz. Es waren viele, viele Einwohnende, man sprach von dem Planeten als der größten Metropole im ganzen Verbreitungsgebiet der dort gesprochenen Sprache. Die Metropole war mit anderen verbunden. Nicht nur mit anderen Metropolen, auch jedem kleinsten Planeten der gesamten Galaxis, solange dessen Bewohnenden ihr nicht feindlich gesinnt waren. Ich selber wuchs in dieser Metropole auf, ich war als Reisender dort hingekommen, um Obdach vor den bösen Tiefen des Universums zu finden und traf auf große Gastfreundschaft, wie auch Lebensfreude. Viele aus meinen früheren Lebzeiten kamen mit mir dorthin, doch warum wir zu so vielen gerade dort ein Zuhause fanden, ist eine andere Geschichte.

Lange Zeit ging das Leben unbeschwert, wir fanden ein trautes Heim, fernab des schwarzen Universums und doch in ihm, doch lebte es sich an unserem Ort, in unserer Galaxie, schöner, ohne all den Neid, all den Streit. Das war die Ruhe vor dem Sturm.

Der Sturm zog am vorhin erwähnten Tage auf, er kam voll und ganz unerwartet. Wir hatte alle schon Stürme erlebt, doch dieser war anders, giftig war er. Die wenigsten wussten, dass die Planetenflüsternden, die sonst die Naturgewalten unseres Planeten besänftigten, machtlos waren. Wir schliefen vermeidlich gut behüteten, heilen Welt ein und wachten im Chaos auf. Der Sturm hinterließ uns eine neue Atmospäre, die sich wie ein grauer Schleier vor unsere Augen legte. Jegliche Farbe war dem Planeten entschwunden, wir mussten uns mit aufwändigen Gewändern vor der toxischen Atmospäre schützen. Die alte Freude gaben uns die Gewänder nicht zurück. Mit Hilfe dieser Gewänder konnten wir uns zwar auf den Planeten trauen, doch verliehen uns jene Stoffe nicht die alt gewohnte, farbliche Sehkraft zurück. Wir konnten uns auch nicht mehr in allen Farben des Regenbogens ausdrücken, denn die Sonne erreichte unsere Erde nicht. Das war der Todesstoß für die farbenfrohen Künste und die Freude der alten Welt, einzig übrig blieb die seltene Kunst, die uns aus der Galaxis erreichte. Was war geschehen? Das ist die falsche Frage, uns war allen klar, das unsere in sich ausgeglichene Metropole in ihren Grundfesten erschüttert worden war. Wie jedoch war es geschehen? Die fünf Planetenflüsternden hatten nicht wie üblich für Ausgleich gesorgt, hätten sie uns beigestanden, so wäre das alles nicht geschehen. Zwei der Flüsternden wurden lange nicht mehr gesehen, niemand wusste wo sie waren. Einer von ihnen war Winterstille. Man erzählte, dass Winterstille weit weg gereist war, in ferne Ländereien. Das wäre an sich nichts beunruhigendes gewesen, es blieben ja noch drei Flüsternde, doch hatte Winterstille in der Zeit vor dem Sturm mehr Macht gewonnen als die anderen Flüsternden. Die Machtwaage der Planetenflüsternden selbst war ins Ungleichgewicht gekommen. Mit Winterstille verließ also eine sehr mächtige Persönlichkeit den Planeten, zurück blieb eine nun vollends ungleiche Waage, das Ungleichgewicht störte unseren Planeten und er lehnte sich gegen uns auf. Niemand hatte die Gefahr, die von einem zu mächtigen Flüsternden ausgeht, gesehen.

Monate lang bedrückte das Gift unsere einst so heitere Stimmung, doch waren wir ohne unseren mächtigesten Flüsternden ebenso machtlos, wie es die drei verbliebenen Flüsternden waren. Machtlos? Nein! Denn ein Ausweg blieb uns noch immer. Siebenundvierzig Nächte waren seit dem Sturm vergangen, es war der Zwanzigste im fünften Monat. Da trafen sich, nach vorhergehenden Zusammenkommen im Gemeindesaal der größten Stadt, sechsundzwanzig Bewohnende des Planeten in einem eigens dafür errichteten Gebäude, unter ihnen auch Nachtigall aus den Riegen der machtlosen Flüsternden. Der Grund für das Treffen war der Unmut, welcher unter den Bewohnenden den Planeten Einzug gehalten hatte, aus ihm ergab sich der Wille zu Tat. Fast fünfzig dunkle Tage hatte hatte man gewartet, dass der Flüsterer zurück zur Gemeinschaft des Planenten stieße und den Schaden am Planeten abwende. In dieser Zeit hatte man allerdings auch Gedanken gefasst, wie man in Zukunft ein solches Unheil abwenden könne. Man war zu dem Schluss gekommen, dass es einen Planeten ohne die Möglichkeit ungleicher Flüsternden brauche. Ich selbst beteiligte mich an diesen Gedanken, als Neunter traf ich zur Versammlung im neuen Gebäude ein. Ransleicht hatte die Versammlung zusammengerufen und das Haus errichtet, er war damals nur zwei Tage nach mir in unserer Metropole eingetroffen und wir waren uns schon oft in der größten Stadt des Planetetn getroffen. Und so begannen wir, ein neues Leben zu planen.

Nur so weit kann ich euch für heute erzählen, meine Menschen, denn die Geschichten von Morgen müssen erst noch geschrieben werden. Genug der Geschichten für heute, legt euch zu Bette und besucht eure ganz eigene Welt, das Reich der Träume. Dort, wo alles möglich ist, wo ihr selbst über Raum und Zeit herrschen könnt, wenigstens für eine Nacht.

  • lesnout27
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    4
    ·
    2 months ago

    Keine Worte zur Hast sprach ich, Worte der Begeisterung waren es! In diesem Sinne möge der Geschichtenschreiber seiner Feder die gebührende Zeit geben.

    • Peter_ArbeitslosOPM
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      2
      ·
      2 months ago

      Noch schreibe ich die Geschichte so, wie ich sie erlebt habe. Bald, wenn ich in der Gegenwart angekommen bin, wird die Geschichte sich täglich selbst schreiben. Doch nun ist genug geschrieben für heute.