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    2 months ago

    Mit Datum vom 10. Oktober hat der Bundesgerichtshof einen Schlussstrich unter einen seit rund zwei Jahren andauernden Rechtsstreit zwischen der ZPÜ und mehreren Cloudanbietern gezogen. In den Beschlüssen I ZR 47/24, I ZR 22/24 und I ZR 23/24 wies der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Nichtzulassungsbeschwerden der ZPÜ gegen die Urteile des OLG München vom Februar und März 2024 (Az.: 38 Sch 58/22 WG e, 38 Sch 59/22 WG e, 38 Sch 60/22 WG e) zurück. Damit sind die Urteile rechtskräftig.

    Ein Rückblick: Im September 2022 wandte sich die ZPÜ im Auftrag der VG Wort und der VG Bild-Kunst an mehrere Anbieter von Clouddienstleistungen, um Auskunfts- und Vergütungsansprüche nach §§ 54 ff. Urheberrechtsgesetz (UrhG) geltend zu machen. Zuvor hatte die ZPÜ versucht, bei der zuständigen Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt eine empirische Untersuchung zu initiieren, um ihre Ansprüche überhaupt nominal beziffern zu können.

    Gleichzeitig forderte sie den Branchenverband Bitkom zur Aufnahme von Verhandlungen über den Abschluss eines Gesamtvertrags zur Regelung der Vergütungspflicht von Cloudanbietern auf. Auslöser dieser Aktivitäten der ZPÜ war ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Frühjahr 2022, in dem dieser eine grundsätzliche Vergütungspflicht von privaten Kopien urheberrechtlich geschützter Werke in der Cloud bejahte. Beide Ansinnen der ZPÜ wurden abgelehnt.

    Als auch einige der daraufhin angeschriebenen Cloudanbieter den Forderungen der ZPÜ nicht nachkamen, reichte diese bereits im Dezember 2022 Klagen gegen einige der Adressaten beim OLG München ein. Das Gericht sollte im Verfahren die “Vergütungspflicht für Clouds” im Zeitraum von 2019 bis 2021 feststellen. Außerdem wurde in den Klagen auch der Auskunftsanspruch der ZPÜ gegenüber den beklagten Unternehmen geltend gemacht.

    In allen drei Verfahren wurden die Klagen im Februar und März 2024 mit nahezu identischen Begründungen vollumfänglich abgewiesen. Diese beleuchten auch sehr detailliert die einzelnen Voraussetzungen, die einer Vergütungspflicht üblicherweise zugrunde liegen. Das OLG München ließ zudem keine Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) zu.

    Trotz der sehr klaren Urteilsbegründungen reichte die ZPÜ anschließend Nichtzulassungsbeschwerden beim BGH ein, um eine Revision zu erzwingen. Der BGH bestätigte nun die Urteile des OLG München in allen drei Fällen.

    Damit sind diese rechtskräftig, so dass die ZPÜ keine Ansprüche mehr gegen die betreffenden Cloudanbieter geltend machen kann. Es ist nach aller Erfahrung zudem davon auszugehen, dass deshalb auch gegen andere Anbieter von Cloud-Computing-Dienstleistungen keine gleichlautenden Ansprüche mehr vor dem OLG München von der ZPÜ erhoben werden.

    Mit der Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerden steht der ZPÜ in einem nächsten Schritt die Möglichkeit offen, das Bundesverfassungsgericht im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde anzurufen. Die Erfolgsaussichten einer solchen Beschwerde hält der im jetzt abgeschlossenen Prozess für eine der beklagten Parteien verfahrensführende Rechtsanwalt Urs Verweyen (Kanzlei Vy - Brix Lange Verweyen Rechtsanwälte) jedoch für sehr gering.

    Da das Urteil des OLG München sehr solide begründet sei und auch auf einer Linie mit der Entscheidung des BGH zu Onlinemarktplätzen liege (Urteil vom 10. November 2022; Az.: I ZR 10/22), sei kaum mit einem Erfolg einer Verfassungsbeschwerde zu rechnen, sagt er. Die Erfolgsaussichten einer solchen Beschwerde lägen statistisch ohnehin nur bei unter 3 Prozent.

    Die ZPÜ allerdings deutet bereits einen anderen – wohl erfahrungsgemäß wesentlich erfolgversprechenden – Weg an, um ihre Auffassung zur Vergütungspflicht von Cloudanbietern nach §§ 54 ff. UrhG doch noch durchzusetzen: In einer am 16. Oktober 2024 auf der Webseite der ZPÜ veröffentlichten Erklärung zum BGH-Beschluss schreibt die Dachorganisation der Verwertungsgesellschaften:

    “Wir verstehen die aus den Entscheidungen des OLG München und des BGH resultierenden Vergütungslücken als klare Aufforderung an die Politik, zeitnah gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine faire Vergütung für Cloudkopien sicherstellen.”

    Damit erscheint eine erneute Modifikation der §§ 54 ff. UrhG durch den Gesetzgeber im Sinne der Verwertungsgesellschaften durch Aufnahme einer expliziten Cloudvergütung durchaus möglich.