Völlig unerwartet landen die Rechtsextremen bei der 2. Runde der Parlamentswahl nur auf Platz drei. Präsident Emmanuel Macron muss wohl einen Linken zum Premier machen. Macrons riskantes Manöver funktioniert nicht ganz.
Entgegen der Meinungsumfragen und Vorhersagen der letzten Wochen hat die in Teilen linke “Neue Volksfront” die meisten Sitze in der französischen Nationalversammlung geholt. Die als Sieger vorhergesagte extreme Rechte Rassemblement National kommt nach ersten Hochrechnungen überraschend nur auf den dritten Platz.
Der informelle Anführer der linken Volksfront, Jean-Luc Mélenchon, erklärte sich zum Wahlsieger und sagte “die republikanische Leidenschaft” habe einen gewaltigen Erfolg errungen. Noch vor einer Woche sei ein Wahlsieg der Rechtsextremen vorgesagt worden. “Das Volk hat das verhindert”, jubelte Mélenchon, der Parteichef der linksradikalen Partei “Unbeugsames Frankreich”.
Der Präsident müsse jetzt einen Premierminister aus den Reihen der Volksfront ernennen. Das linke Bündnis hat allerdings keine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung, sondern ist wahrscheinlich auf eine Koalition mit der liberalen “Ensemble”-Partei von Präsident Emmanuel Macron angewiesen. “Das ist eine gewaltige Erleichterung für die Menschen in Frankreich”, rief Jean-Luc Mélenchon einer jubelnden Menschenmenge in Paris zu. In Paris und in vielen großen Städten hatte das linke Bündnis die meisten Sitze geholt.
Der Parteivorsitzende des rechtsextremen Rassemblement National (RN), Jordan Bardella, und die Parteigründerin, Marine Le Pen, hatten eine große Siegesfeier vorbereitet. Stattdessen blieben die Korken in den Champagnerflaschen.
Die zahlreichen Anhänger des Rassemblement machten auf der Wahlparty in einem Vorort von Paris lange Gesichter und konnten kaum glauben, dass sie nur drittstärkste Kraft wurden. Jordan Bardella sagte, der RN habe nur verloren, weil die Linke und Präsident Macron eine “unnatürliche Koalition” eingegangen seien.
Klingt für mich nach schlechten Verlierern
In der zweiten Runde hatten Linke und Macrons Partei in zahlreichen Wahlkreisen nur einen gemeinsamen Kandidaten ins Rennen geschickt, um eine Mehrheit für Kandidaten des RN zu verhindern. Dieses Kalkül ging offenbar auf und machte Jordan Bardella sehr ärgerlich. “Die Wähler sind frustriert”, meinte Bardella. Der RN bleibe die einzige Alternative zur linken und zentristischen Politik. Das Mehrheits-Wahlsystem sei gegen den RN in Stellung gebracht worden.
Präsident Macron, der den Wahlabend zurückgezogen im Élysée-Palast verbrachte, hatte alles auf eine Karte gesetzt und das riskante Spiel doch nicht ganz verloren. Der französische Präsident hatte nach der für seine Partei enttäuschenden Europawahl Anfang Juni das nationale Parlament in Frankreich überraschend aufgelöst. Mit der Neuwahl wollte er sich ein neues Mandat von den französischen Wählerinnen und Wähler holen. Diese Rechnung ging nicht ganz auf.
Zwar wehrte er die Machtübernahme durch die extreme Rechte ab, aber stattdessen muss er nun mit den teilweise extremen Linken zusammenarbeiten. Immerhin wurde seine liberale Partei zweitstärkste Kraft. Allgemein hatten alle Analysten im Vorfeld der zweite Runde der Parlamentswahl mit einem historischen Sieg der Rechten gerechnet. Es wäre in der Geschichte des modernen Frankreichs das erste Mal gewesen, dass die extreme Rechte stärkste Kraft in einem frei gewählten Parlament geworden wäre. Es kam anders.
Die Wahlbeteiligung erreichte mit 67 Prozent einen Rekordwert. Der Überraschungscoup des Präsidenten hat die Franzosen mobilisiert. Sie waren nicht wahlmüde, weil sie gefühlt haben, dass diese Parlamentswahl eine historische Entscheidung war.
Gesine Weber, Frankreich-Analystin bei der Denkfabrik “German Marshall Fund”, meint im Gespräch mit der DW, dass Emmanuel Macron sich seit seinem Amtsantritt 2017 total von den Wählern entfernt habe. “Wir sehen, dass die Franzosen mit seiner Politik völlig unzufrieden waren. Sein Ansatz und sein politisches Vorhaben, eine neue politische Kraft in der Mitte zu schaffen und die politischen Ränder zu schwächen, hat überhaupt nicht funktioniert.”
Ein Berater des Präsidenten wird von französischen Medien mit den Worten zitiert: “Macron gibt den Schlüssel für die politische Macht an die Abgeordneten ab. Sie ist nicht mehr im Élysée.” Der Élyséepalast ist der Amtssitz der französischen Präsidenten. Emmanuel Macron wird für den Rest seiner Amtszeit bis zum Mai 2027 wohl eher eine “lahme Ente” sein.
Die Verfassung der französischen Republik sieht das Machtzentrum beim Präsidenten. Das könnte sich in der Praxis jetzt ändern. Es wird zu einer “Kohabitation” kommen, also der erzwungenen Zusammenarbeit des Präsidenten mit einer Regierung, die mehrheitlich aus einem anderen politischen Lager kommt.
Einen Rücktritt hat Emmanuel Macron ausgeschlossen. Er bleibt für Außenpolitik und Verteidigung zuständig. Die Innenpolitik und die Wirtschaftspolitik kann aber die Regierung unter Führung eines linken Premierministers bestimmen. Der amtierende Premier Gabriel Attal von der Ensemble-Partei kündigte noch am Abend seinen Rücktritt an.
Marine Le Pen und Jordan Bardella hatten versucht, den rechtsextremen RN als moderat darzustellen. In der ersten Wahlrunde hatten die Wählerinnen und Wähler besonders im ländlichen Frankreich diese Darstellung noch geglaubt. In der zweiten Runde nur eine Woche später allerdings nicht mehr. Trotz des relativ schlechten Abschneidens ist der Rassemblement National für viele Franzosen dennoch eine normale Partei geworden.
Links- und Rechtsextreme seien durch die angesetzte Neuwahl gestärkt worden, sagt Frankreich-Analystin Gesine Weber der Deutschen Welle.
Wer die Regierung nun anführen wird, ist am Sonntagabend nicht klar. Vor der Wahl hatte Präsident Macron kategorisch ausgeschlossen, den linksradikalen Jean-Luc Mélenchon zum Premierminister zu machen. Seine Partei “Unbeugsames Frankreich” sei viermal schlimmer als die Rechten vom RN, hatte Macron gesagt.
Ey, bitte mach nicht den klassischen Zentristen-Move und verbünde dich mit Rechtsextremen
Zur erstplatzierten linken Volksfront gehören neben den radikalen Linken auch Sozialisten, Sozialdemokraten und die Grünen. Der Präsident könnte jetzt versuchen, die eilig gebildete Volksfront zu spalten und nur mit den gemäßigten Linken zusammenzuarbeiten.
Bitte nicht junge. Ihr habt die Wahl gewonnen, weil ihr zusammen angetreten seid
Auf dem Platz der Republik in Paris versammelten sich nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen Tausende Menschen, um den Sieg der Linken zu feiern. Viele von ihnen waren überrascht und glücklich, dass es die Rechtsextremen nicht an die Macht schaffen werden.
Ich denke Macron macht lieber einem liberalen linken pro Europäer als einen nazi zu irgendwas. Also alles gut erstmal.
Hoffentlich zeichnet sich ein ähnliches bild nach der Präsidentschaftswahl ab, ob Macron oder ein neues linkes Gesicht ist mir wurst, aber dern braunen kackstift will ich nicht in der Nähe von Atomwaffen wissen.