Merz ist einfach ein Fossil aus der Vergangenheit. Seine Rethorik wäre vor zehn vielleicht noch erfolgreich gewesen, aber mittlerweile gibt es eine etablierte Partei rechts der Union und mit seiner Ausländerfeindlichkeit oder Befeuerung von Themen wie Gendern räumt er der AfD einfach noch mehr Platz ein.
Wenn die Nille irgendwann mal Bundeskanzler wird, renn ich davon…
Dann solltest du aber bald mit der Planung anfangen. Ich will ja jetzt nicht den Doomer spielen, aber ich wäre schockiert wenn die bei der nächsten Wahl nicht wieder gewinnen.
Ja, sehe ich leider genau so :/
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Christdemokraten
Ist das der Schlüsselmoment von Friedrich Merz?
20. Juni 2023, 17:46 Uhr | Lesezeit: 4 min | 13 Kommentare
NRW-Ministerpräsident Wüst lässt offen, ob er Kanzler werden will, daraufhin verliert der CDU-Chef die Nerven. Und schon ist die Partei mitten in einer Kandidatendebatte.
Von Robert Roßmann, Berlin
Es gibt im politischen Betrieb Schlüsselmomente, die den Lauf der Dinge ändern. Armin Laschet hat das mit seinem Lacher im Flutgebiet erlebt. Er ist die Kritik an dem verunglückten Moment im ganzen Bundestagswahlkampf nicht mehr losgeworden. Seine Mannschaft und er wurden nervös, machten weitere Fehler. Laschet verlor auch in der Union an Autorität und Respekt, es gab Querschüsse aus dem eigenen Lager. Das Ergebnis ist bekannt. Nun könnte es sein, dass auch Friedrich Merz so einen Schlüsselmoment erlebt hat.
Der CDU-Chef hat am Sonntagabend offensichtlich die Nerven verloren. Menschen, die gerne Kanzler wären, dürfen vieles, eines aber ganz sicher nicht: Ihre Souveränität verlieren. Genau das ist Merz im ZDF passiert. Wer in diesen Tagen mit führenden Christdemokraten telefoniert, spürt das Entsetzen über den Auftritt des Vorsitzenden. Einer sagt: “Merz ist aus der Emotion heraus mit der Streitaxt ins Fernsehstudio gerannt.”
Was ist da passiert? Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst hatte vor dem kleinen CDU-Parteitag am vergangenen Freitag den Kurs von Merz in Frage gestellt, etwa im Umgang mit der AfD. Außerdem hatte er in der Rheinischen Post auf die Frage nach der Kanzlerkandidatur gesagt: “Meine Aufgaben liegen aktuell in Nordrhein-Westfalen” - und mit diesem “aktuell” die Personalspekulationen angeheizt. Und er hatte eingefordert, dass bei der Auswahl des Kanzlerkandidaten die Landesverbände mitsprechen sollten - also auch er als Chef des größten Landesverbandes.
Merz hätte Wüsts Stinkstiefeligkeit ins Leere laufen lassen können Das alles durfte man durchaus als politische Stinkstiefeligkeit betrachten. Denn Wüst musste klar sein, dass wegen seines Vorstoßes vom Parteitag nicht das erwünschte Signal des Aufbruchs und der Geschlossenheit ausgehen wird. Sondern dass es stattdessen lauter Berichte über Streit in der CDU geben wird. Das kam nicht überall in der Union gut an. In Hessen und in Bayern wird im Oktober ein neuer Landtag gewählt, da wünschen sich die Wahlkämpfer Ruhe im eigenen Laden. Auch weil man sich als Alternative zur zerstrittenen Ampelkoalition präsentieren will. Ein souveräner Merz hätte Wüsts Vorstoß deshalb ins Leere laufen lassen - und die Auseinandersetzung nicht öffentlich verlängert.
Doch Merz sagte im ZDF, es gebe auch in Nordrhein-Westfalen “eine große Verunsicherung” in der Bevölkerung. “Wenn wir heute in Nordrhein-Westfalen Landtagswahlen hätten, wäre die AfD fast so stark wie im Bund.” Die Unzufriedenheit mit der Landesregierung sei “fast genauso groß wie die mit der Bundesregierung”.
An dieser Stelle muss man kurz innehalten: Der CDU-Chef beklagt also öffentlich und ohne Not schlechte Umfragewerte für die wichtigste Landesregierung seiner Partei. Er verprellt damit nicht nur die Regierung mit prominenten Ministern und Ministerinnen wie Karl-Josef Laumann, Herbert Reul und Ina Scharrenbach, sondern auch den wichtigsten Landesverband der CDU. Nordrhein-Westfalen stellt allein 305 der 1001 Bundesparteitagsdelegierten.
Es ist ein Muster, das bei Merz immer wieder aufscheint. Er ist manchmal zu stur. Er lässt sich leicht provozieren. Und wenn er sich zu Unrecht angegriffen fühlt, schießt er gern mal über das Ziel hinaus. Das zeigte sich in dem ZDF-Interview auch bei seiner Stellungnahme zum Uniform-Auftritt der Eisschnellläuferin Claudia Pechstein. Statt das Thema - bei dem die CDU nicht gewinnen kann - abzumoderieren, ging Merz in die Offensive und sagte, Pechsteins Auftritt sei “brillant” gewesen. Eine Einschätzung, der umgehend von führenden CDU-Mitgliedern widersprochen wurde.
Kann Friedrich Merz seine Beliebtheitswerte verbessern? Der Vorstoß von Wüst, die Einlassungen von Daniel Günther (“Keine Debatten über das Gendern und andere Nebensächlichkeiten führen - den Leuten halt keinen Scheiß erzählen”) und die Kritik an dem Pechstein-Auftritt aus der CDU - all das zeigt, dass es mit der Autorität von Merz in der CDU nicht mehr weit her ist.
Immer mehr zweifeln daran, dass es dem CDU-Chef rechtzeitig vor der Entscheidung über die Kanzlerkandidatur im kommenden Jahr gelingt, seine schlechten Beliebtheitswerte - es sind eher Unbeliebtheitswerte - zu verbessern. Und immer mehr befürchten, dass Merz trotzdem nach der Kandidatur greifen will. Er hat drei Mal für den Parteivorsitz kandidiert, er ist bereits 67 Jahre alt, die nächste Bundestagswahl wird seine letzte Chance sein, Kanzler zu werden. Die gibt man nicht so einfach auf.
Wüst ist erst 47 Jahre alt. Er kann die Entwicklung der CDU-Umfragewerte in Ruhe beobachten und erst im kommenden Jahr entscheiden, ob er antreten will - er wäre auch bei der Wahl 2029 noch jung genug. Und CSU-Chef Markus Söder muss den Ausgang der bayerischen Landtagswahl abwarten, bevor er seine Chancen ernsthaft taxieren kann.
Passiert ist genau das, was Merz verhindern wollte Für die Union ist das eine ziemlich unangenehme Lage: Die Debatte über die Kanzlerkandidatur hat schon begonnen, aber es wird lange keine Entscheidung geben. Genau das wollte Merz eigentlich verhindern.
Ob er den Eindruck habe, dass Wüst sich auf eine Kanzlerkandidatur vorbereite, will am Dienstag ein Journalist von Merz wissen. “Da müssen sie zunächst einmal ihn fragen”, sagt der CDU-Chef. Er habe aber den Eindruck, dass Wüst “sehr daran interessiert ist, dass wir gemeinsam Erfolg haben”. Und auf die Frage nach dem persönlichen Verhältnis zu Wüst sagt Merz: “Wir arbeiten kooperativ und störungsfrei zusammen.”
Das ist angesichts dessen, was in den vergangenen Tagen passiert ist, eine ziemlich kreative Auslegung von “kooperativ und störungsfrei”.
Und wie geht es jetzt weiter? Zumindest mit einem weiteren Tag, der Merz nicht gefallen dürfte. Denn an diesem Mittwoch werden seine beiden möglichen Konkurrenten um die Kanzlerkandidatur im Rampenlicht stehen. Söder wird im Antiquarium der Münchner Residenz Angela Merkel den Bayerischen Verdienstorden verleihen. Und Wüst ist in Berlin Gastgeber des großen NRW-Festes. Merz wird nur einer der gut tausend Gäste sein.
ich bestätige